Kunstbutter, Analogkäse und Formfleisch

in #health7 years ago

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Kunstbutter - das industriell hergestellte Streichfett, auch besser bekannt als Margarine, erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, nicht zuletzt aufgrund eingängiger Marketing-Slogans („Herzgesund mit Becel“), seiner Vegan-Tauglichkeit und generell des Dogmas „pflanzlich – gut, tierisch - böse“. Tierische Fette, zum Beispiel Butter, bestehen vor allem aus gesättigten Fettsäuren, also solchen, bei denen alle freien Bindungsstellen der C-Atome durch H-Moleküle besetzt sind, während pflanzliche und Fischfette bzw. -öle vor allem ungesättigte Fettsäuren enthalten, bei denen eine oder mehrere Doppelbindungen auftreten (einfach oder mehrfach ungesättigt). Nun ist es so, dass je mehr Doppelbindungen, desto flüssiger, deshalb ist Butter fest, während Pflanzen- und Fischöle flüssig sind. Um daher aus einem Pflanzenöl ein Streichfett herzustellen, muss man es „härten“, das heißt einige seiner Doppelbindungen durch Wasserstoffmoleküle absättigen. Bei diesem Vorgang (siehe Abbildung, der Prozess kann natürlich variieren je nach Aufwand und Hersteller) können aber auch Doppelbindungen gelöst und falsch wieder zusammengefügt werden, sodass Doppelbindungen an andere Stellen wandern oder es können sich sogenannte Transfettsäuren bilden, die so in der Natur gar nicht vorkommen.
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Zusammengefasst entstehen also bei der industriellen Härtung von Margarine Fettsäuren, die für den menschlichen Körper fremd sind, und die sogar schaden können. Es war also Margarine in Wahrheit nie so gesund, wie sie uns immer verkauft wurde. Im Gegenteil: mittlerweile häufen sich Verdachtsmomente, dass Margarinekonsum Arteriosklerose und Herzinfarkt begünstigt (1). Fairerweise muss man sagen, dass in letzter Zeit der Anteil an Transfettsäuren durch verbesserte Produktionsverfahren stark reduziert werden konnte. Dennoch ist die gute alte Butter im Zweifel besser, sofern natürlich - wie alles - in Maßen genossen.

Käseersatz (Analogkäse) bezeichnet verschiedene Lebensmittel, die geschmacklich und in der Verwendung Käse ähneln, jedoch nicht oder nur zu einem Anteil aus Milch oder Milchprodukten hergestellt werden. Dabei wird das Milchfett durch andere tierische oder pflanzliche Fette ersetzt, zum Teil auch das Milcheiweiß durch solches anderer Herkunft. Käseersatz kann auch aus ethischen, religiösen oder vermeintlich gesundheitlichen Gründen eingesetzt werden aber in der Regel einfach, um Geld bei der Herstellung einzusparen.
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Der erste Analogkäse wurde Ende des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten entwickelt und auch bald in Europa produziert. Zur Herstellung wurde durch Zentrifugieren gewonnene Magermilch mit flüssigem Rindertalg (Oleomargarin) vermischt und mit Lab eingedickt. Dieses Produkt war durch den Ersatz des Milchfetts durch den preiswerteren Rindertalg deutlich billiger als Käse. Für heutige Kunstkäse dienen meist Wasser, Milch-, Soja- oder Bakterien(!)-Eiweiß und Pflanzenöle wie Palmöl als Grundstoffe, teils auch Stärke. Weitere Zutaten sind Emulgatoren, Aroma- und Farbstoffe, Salz und Geschmacksverstärker, um Geschmack und Aussehen an Vorbilder wie Parmesan oder Emmentaler anzunähern (vgl. Tatbestand der „irreführenden Werbung“). Da kein Reifungsprozess notwendig ist, ist die Produktionsdauer gegenüber echtem Käse stark verkürzt. Zur Herstellung wird Pflanzenfett erwärmt, mit einer vorgefertigten Trockenmischung und Wasser vermischt, erhitzt, dann wird Aromakonzentrat eingerührt und alles verpackt und gekühlt. Analogkäse wird vorwiegend in der Gastronomie und in Bäckereien verwendet, z. B. für Pizza, Lasagne oder Käsebrötchen, aber auch in der Lebensmittelindustrie bei Convenience-Produkten für Endverbraucher und in verpackten Fertiggerichten. Die Hersteller haben sich dazu einen kleinen Trick einfallen lassen. Sie verwenden für die Herstellung des Analogkäses eine minimale Menge echten Käse. So darf das Kunstprodukt dann als „Zubereitung mit Käse“ in der Zutatenliste deklariert werden (2). Taucht nirgendwo das Wort „Käse“ auf, und zwar allein stehend, als Einzelzutat, handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Produkt, das Analog-Käse enthält. Finden sich „Pflanzenfett, Milcheiweiß und Geschmacksverstärker“ auf der Zutatenliste: ebenso Finger weg.
Bei amtlichen Untersuchungen in Deutschland in Gaststätten und Bäckereien wurde in rund 20 bis 30 Prozent der Fälle festgestellt, dass Analogkäse als Zutat verwendet, aber rechtswidrig als Käse deklariert wurde.
Analogkäse wird nicht immer nur versteckt angeboten, sondern insbesondere im angloamerikanischen Raum auch ganz bewusst beworben und als Alternative für die vegane Ernährung und für Menschen mit einer Laktoseintoleranz vermarktet. Soviel zur gesunden veganen Lebensweise.

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„Analog“ zum Analogkäse gibt es auch Analogschinken oder auch Formfleisch oder Klebeschinken genannt. Schinkenimitate haben lediglich einen Fleischanteil von durchschnittlich 60 Prozent, teilweise auch nur 40 Prozent. Der fehlende Fleischgehalt wird zum einen mit Wasser ausgeglichen, zum anderen werden Bindemittel wie Stärke sowie Gelier- und Verdickungsmittel zugegeben, damit eine schnittfeste Masse entsteht. Zusätzlich wird auch noch fleischfremdes Eiweiß wie Soja- und Milcheiweiß zugesetzt. Auch die Injektion von Eiweißpulvern (z. B. hydrolysierte Gelatine), proteinhaltigen Emulsionen und sogar Separatorenfleisch (3) wurde bereits festgestellt. Überflüssig zu erwähnen, dass Klebeschinken in der Herstellung wesentlich billiger ist und daher von der Lebensmittelindustrie favorisiert ist.
Formfleisch wird verwendet für Kochschinken, Schnitzel, Chicken Nuggets und Ähnliches, bei Fertiggerichten und in der Gastronomie.
Auch Rohschinken, der normalerweise aus verwachsenem Fett und Fleischanteilen besteht, kann - für den Laien kaum unterscheidbar - mit dem Enzym Transglutaminase aus Einzelstücken zusammengeklebt werden. Daher immer auf das Kleingedruckte achten („aus Fleischstücken zusammengefügt"), sofern sich der Hersteller überhaupt an die korrekte Kennzeichnung gehalten hat.
Mahlzeit!

  1. Pollmer, Warmuth: „Lexikon der populären Ernährungsirrtümer“, Verlag Eichborn, 2000, S.211
  2. http://www.spitzbarts-gesundheitspraxis.de/bewusster-leben/verbraucherschutz/analogkaese-so-erkennen-und-vermeiden-sie-kunstkaese.html
  3. Unter Separatorenfleisch (oder Knochenputz) versteht man maschinell von Knochen gelöste Fleischteile, die nicht mehr die lebensmittelrechtliche Definition von Muskelfleisch erfüllen. Also vor allem Sehnenreste und dergleichen.

aus dem Lexikon der nicht empfehlenswerten Dinge, unpubliziert

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Bei der Margarine wird es wieder deutlich wie schnell sich unsere Einstellungen zu Lebensmitteln ändern sollen. An dem einen Tag ist Butter gesund und am nächsten bringt sich dich bei einen zu starkem Konsum fast um ... Gerade wenn es um Lebensmittel geht versuche ich immer mehr so natürlich wie möglich zu essen und dabei auf meinen Körper zu hören. Wo bekommst du deine News zum Thema Ernährung her? :)

Ja, natürlich und ausgewogen, und nicht Dogmen verfallen (z.B. militante Vegetarier). Denn ab und zu was "Ungesundes" macht insgesamt auch nix und ist manchmal gut fürs Ausgeglichensein (was über Umwege wieder unserem Körper hilft).
Keine bestimmte Quelle, hier und da, was man so aufschnappt. Und Udo Pollmer, der hat ein paar sehr interessante Bücher geschrieben.

Wie überall im Leben, die Masse machts.
Ich musste an an mir feststellen, gesundes Essen macht auch dick :D

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