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RE: Warum funktioniert unser Rechtssystem nicht?

in #deutsch7 years ago (edited)

Pass mal auf, du verbreitest hier unglaubliches Halbwissen. Nur um mal ein paar Beispiele zu nenn:

  1. Art 79 schützt nicht die ersten 19 Artikel des GG wie du es sagst, sondern Artikel 1 und 20 GG (lies mal Art. 79 Absatz 3)
  2. Dann behauptest du, dass Wahlen ungültig sein, weil es bei der ersten Bundestagswahl kein Wahlgesetz gab, das stimmt auch nicht. Ein deutsches (Bundes)Wahlgesetz gab es schon seit 1848.
  3. Und jetzt nennst du noch einen Verstoß gegen das Zitiergebot aus Art. 19 Absatz 1 GG als Grund für die Ungültigkeit für alle folgenden Wahlen. Weil anscheinend in § 21 BWahlG das richtige Grundrecht nicht zitiert wurde. Das stimmt auch nicht, in dem § 21 BWahlG geht es um die Aufstellung von Parteibewerbern. Da gibt es keinen Grundrechtseingriff, folglich auch kein Grundrecht, das wegen Eingriff zitiert werden muss! (Mal abgesehen davon, dass dann nur § 21 BWahlG ungültig wäre und nicht das komplette BWahlG) Mo
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Danke für deine Antwort. Wer mit Halbwissen gesegnet ist, zeigt deine Antwort. Hier die klaren Erläuterungen von mir. Ich bitte darum dies von Dir zu wiederlegen.
Artikel 19/2 GG in Verbindung mit Artikel 79/3 GG sind die wesentlichen Teile der Ewigkeitsgarantie nur zur Info. §21 des BWG in der Fassung vom 05. August 1949 sah auch eine Strafzahlung vor die in das Eigentumsrecht eingreift, Wer seine Eintragung in die Wählerliste (Wahlkartei) durch falsche Angaben erwirkt, […] wird mit Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 5000.- DM bestraft, soweit nicht in anderen Strafgesetzen eine höhere Strafe angedroht ist.

Durch diese Vorschrift können – neben anderen mit einer Freiheitsstrafe verbundenen Grundrechten (Art. 11 GG u.a.) – vor allem die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie die Unverletzlichkeit der Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 GG nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG eingeschränkt werden. Diese Einschränkungen wurden im Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur Bundesversammlung nicht gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG unter Angabe des Artikels genannt.
Bei weiteren Maßnahmen betrifft dies auch Artikel 13/1 GG, wenn er sich berechtigter Weise gegen diese Geldforderung wehrt, Gerichtsvollzieher greifen in die Grundrechte der Bürger ein, indem sie z.B. bewegliche Sachen pfänden, die Wohnung des Schuldners öffnen und durchsuchen und im Einzelfall sogar einen Schuldner verhaften um die Angaben seiner Vermögensverhältnisse zu erzwingen (z.B. Aussage Bundesrat, 831 Sitzung vom 09. März 2007). Artikel 19/1 Satz 2 GG betrifft das auslösende Gesetz und steht alles in §21 BWG drin. Artikel 19/1 Satz 2 GG ist eine Mussvorschrift, eine MUSS Voraussetzung. Eine Teilnichtigkeit gibt es nicht, denn das würde jeder Voraussetzung widersprechen, getreu dem Motto wir Schreibens mal rein und wenns jemand merkt streichen wir hat mal. Ein Gesetz hat keine Klausel. Ließ die Protokolle des Parlamentarischen Rats und lese den Bonner Kommentar von 1950, kommentiert von Wernicke. Ich habe nicht behauptet, dass es kein Wahlgesetz gab, sondern dieses Wahlgesetz nicht den Anforderungen des Grundgesetzes entspricht. Ein Gesetz, dass Grundrechte einschränkt und diese Einschränkungen nicht zitiert führt automatisch zu dessen Nichtigkeit.

Erläuternd dazu Kurt Georg Wernicke in Bonner Kommentar zum GG, 1950, Anm. II 1 ff. zu Art. 19:

Art. 19 dient im wesentlichen dem Schutz der GR. und damit – neben Art. 18 – zugleich der Sicherung der freiheitlichen Demokratie. Während sich aber Art. 18 gegen die vom GR.-Trägern herrührende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung wendet, will Art. 19 die von öffentlichen Gewalten – möglicherweise – ausgehende Gefahr bannen.

  1. In Abs. I sind verschiedene Garantievorschriften für GR. eingebaut. Sie sollen einen gewissen Schutz gegenüber dem Gesetzgeber gewährleisten. Der 1. Halbs. von Abs. I 1 behandelt einen bestimmten, tatbestandsmäßig abgegrenzten Kreis von Fällen, in denen für Gesetze zur Vermeidung ihrer Ungültigkeit die durch Halbs. 2 sowie durch Abs. I 2 genau bezeichneten Gültigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Hierbei handelt es sich einmal um sachliche, zum anderen um formelle Erfordernisse (vgl. Wolff, JR. 1950, S.738 r.).

a) Der in Betracht kommende Kreis von Fällen ist im 1. Halbs. durch folgende Worte abgegrenzt: „Soweit nach diesem Grundgesetz ein GR. … eingeschränkt werden kann“. In Frage kommen hier also diejenigen GR.-Bestimmungen, für die das BGG. einen Gesetzesvorbehalt vorgesehen hat. Welcher Art dieser Gesetzesvorbehalt ist, spielt keine Rolle. Neben dem inhaltlich unbeschränkten kommt ebenso auch der inhaltlich beschränkte Gesetzesvorbehalt in Betracht (vgl. z. B. Art. 2 II 3; 10 2; 14 I 2; bzw. Art. 6 III; 8 II; 11 II; 12 I 2; 13 III; 14 III 2; 15 1; 16 I 2). Wie sich aber schon aus dem Wortlaut des 1. Halbs. ergibt, handelt es sich nur um die Fälle, wo das BGG. dem Gesetzgeber die Möglichkeit vorbehalten hat, unmittelbar oder mittelbar bestimmte GR.-Einschränkungen vorzunehmen. Dagegen bezieht sich Abs. I nicht auf solche Fälle, wo das BGG. keinen Gesetzesvorbehalt, sondern Schranken vorgesehen hat (vgl. hierbei Erl. II, b.).

b) Bei den für die Anwendbarkeit des Abs. I in Betracht kommenden Fällen muß es sich um eine Einschränkbarkeit „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“ handeln. Diese beiden Begriffe sind – wie auch sonst im GR.-Katalog – als termini technici anzusehen, für die nur förmliche Gesetze, nicht auch VO.- und Gewohnheitsrecht in Frage kommen (vgl. hierzu neben Erl. II 1 f insbes. Art. 8 II 2 Erl. II 2 b, c; sowie Art. 2 Erl. II 2 f; vgl. Jahrreiß, NJW. 1950, S. 3, insbes. Fußnote 4; auch Vf. Hess., 1946, Art. 63). Die Frage, ob hierunter Bundesgesetze oder – bzw. und – Landesgesetze zu verstehen sind, regelt sich nach den Bestimmungen über die Gesetzgebungszuständigkeit (vgl. BGG. Abschn. VIII).

c) Halbs. 2 enthält eine, und zwar die sachliche Gültigkeitsvoraussetzung. In den Fällen des 1. Halbs. nämlich „muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten“. Die Doppelgleisigkeit dieser Gültigkeitsvoraussetzung dürfte jedoch nur scheinbar sein, da dem negativen Erfordernis wohl nur die Bedeutung einer – authentischen – Interpretation des positiv gefaßten Erfordernisses zukommt (umgekehrt gilt dasselbe). Das negative Erfordernis ist übrigens – streng genommen – nicht einwandfrei formuliert, da hier statt des „muß“ ein „darf“ stehen müßte. Diese Gültigkeitsvoraussetzung bestätigt bzw. verstärkt die grundsätzlich schon aus dem Gleichheitssatz (vgl. Art. 3, auch 1 III) herzuleitende Ausschließung nicht „allgemein“ geltender Gesetze. Erfaßt sind damit insbesondere jene Fälle, wo der Gleichheitssatz nicht ausreichen sollte, denn Art. 19 I 1 verbietet ausnahmslos jegliche Einzelaktgesetzgebung wie z. B. Enteignung oder Sozialisierung eines bestimmten Unternehmens (vgl. Erl. II I f b; hierzu auch Krüger a. a. O.). – (Zum Begriff „allgemeine Gesetze“ vgl. auch Rothenbücher und Smend in Veröff. VDStRL. Heft 4, 1928, S. 18 ff, 51 ff; Köttgen bei Nipperdey, GR. usw., Bd. I, 1929, S. 350 Ziff. c).

d) Für das sachliche Erfordernis des Abs. I 1 ist danach als Ergebnis festzuhalten, daß die Legislative gehalten ist, Gesetze, die – nach dem BGG. zulässige – Einschränkungen von GR. selber festlegen („durch Gesetz“) oder solche Einschränkungen durch die beiden anderen öffentlichen Gewalten, nämlich Verwaltung und Rechtsprechung für zulässig erklären („auf Grund eines Gesetzes“), nur mit „allgemeiner“ Geltungskraft zu erlassen.

e) Als weitere Gültigkeitsvoraussetzung ist in Abs. I 2 bestimmt: „Außerdem muß das Gesetz das GR. unter Angabe des Art. nennen“. Bei diesem formellen Erfordernis stellt das Wort „außerdem“ klar, daß es sich nicht um eine Alternativ-Voraussetzung, sondern um eine weitere, zu der des Abs. I 1 hinzutretende Gültigkeitsvoraussetzung handelt. Der Ansicht von v. Mangoldt (a. a. O., Anm. 3 S. 119), diese Bestimmung könne „nur als Formalismus und unnötige Erschwerung der Arbeit des Gesetzgebers bezeichnet werden“, kann kaum gefolgt werden. Das von v. Mangoldt zur Begründung seiner Ansicht gebrachte Beispiel entbehrt zwar nicht einer gewissen Berechtigung, geht jedoch daran vorbei, daß sich der Verfassungsgeber bewußt für einen so weitgehenden GR.-Schutz entschieden hat (vgl. HptA. 47. Sitz. StenBer S.620, heute S. 1502 lks., Abg. Dr. Dehler: „Wir wollen diese Fessel des Gesetzgebers …“). Das neuartige Erfordernis des Art. 19 I 2 enthält die Wertung, daß der Schutz des Individuums – nach heutiger Auffassung – wichtiger und höherwertiger sei als die Gültigkeit eines Gesetzes, bei dessen Erlaß – wie in dem von v. Mangoldt (a. a. O. S. 120) angeführten Beispiel – „der Gesetzgeber sich im Augenblick … nicht des Eingriffs bewußt geworden ist und daher die Anführung von Art. und GR.“ unterlassen hat. Der Gesetzgeber soll eben nicht mehr in die GR. „unbewußt“ eingreifen dürfen. Er darf es sich jedenfalls dann nicht mehr „bequem“ machen, wenn GR. angetastet werden. Unter der Herrschaft des BGG. sollen Eingriffe in GR. etwas so Außergewöhnliches sein, daß sich der Gesetzgeber dazu nur nach reiflichster Überlegung und in einer für jedermann von vorneherein erkennbaren Weise entschließen darf (vgl. hierbei Mannheim bei Nipperdey, GR. usw., Bd. I, 1929, S. 328). In der Kette der Maßnahmen zur Verwirklichung des als maßgeblich erkannten Grundsatzes, jeder nur denkbaren Gefahr einer erneuten Aushöhlung der GR. in wirkungsvollstem Umfange von vorneherein zu begegnen, bildet Abs. I 2 somit ein nicht unwesentliches Glied (vgl. auch Vf. Hess., 1946, Art. 63 II 1). Für die Gesetzgebung gelegentlich entstehende Schwierigkeiten müssen dabei in Kauf genommen werden. – (Vgl. noch Krüger a. a. O. , Ziff. 1 c, Figge, Die Bedeutung des BGG. f. d. prakt. RPfl., 1950, S.42; auch BReg.-Entw. v. 28. 6. 1950 für ein Ges. üb. d. Vertrieb jugendgefährdender Schriften, dessen Präambel mit der ausdrücklichen Nennung des Art. 5, 1 BGG. dem Art. 19 I, 2 entspricht [DBT. Drucks. Nr. 1101 S. 2, 9], während das gleichartige Ges. v. 12. 10. 1949 in Rh.-Pf. den Art. 19 I 2 BGG. nicht beachtet [GVBl. S. 505]).

Soweit also nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

Dabei handelt es sich als Muß-Vorschrift um eine zur Vermeidung der Ungültigkeit eines solchen Gesetzes durch den Gesetzgeber zwingend zu erfüllende Gültigkeitsvoraussetzung.

Diese Rechtsfolge wurde von einem Mitglied des Parlamentarischen Rates als Verfassunggeber, Dr. Hermann von Mangoldt, in der 44. Sitzung des Hauptausschusses am 19.01.1949 folgendermaßen beschrieben:

»Wir haben nicht geglaubt diese Vorschrift aufnehmen zu können, weil sie eine sehr weitgehende Fesselung des Gesetzgebers bedeutet. Bei jedem Gesetz – man stelle sich das einmal vor! – muß hier der Gesetzgeber vorher eingehend erwägen, ob nicht irgendwie in ein Grundrecht eingegriffen wird, und das geschieht fast immer. Er muß dann dieses Grundrecht bezeichnen. Vergißt er das einmal, so können die Folgen schwer sein. Wir wollen einmal überlegen, wie sich die Dinge in der Praxis gestalten.

In der Vergangenheit war es sehr umstritten, ob ein Gesetz einen Eingriff in ein Grundrecht bedeutet. Die Richter und ebenso die juristische Praxis haben darum gestritten, denn es ist sehr schwer festzustellen. Nun mutet man diese Prüfung dem Gesetzgeber zu. Mit welchem Erfolg? Wenn das in der Verfassung steht, dann erscheint nachher ein bestimmter Mann, der sich verletzt fühlt, erhebt Klage und kommt an das oberste Bundesgericht oder an das Bundesverfassungsgericht, je nach der gesetzlichen Bestimmung. Und nun wird das Gesetz für verfassungswidrig erklärt, weil hier eine dieser kleinen Klauseln […] nicht richtig eingehalten ist, und der Gesetzgeber muss die Arbeit von neuem anfangen.«

Zur Abstimmung über Artikel 19 GG wurde in der 44. Sitzung des Hauptausschusses zu Art. 20c (heute Art. 19 GG) am 19.01.1949 durch den Vorsitzenden Dr. Schmidt festgestellt:

»Ich lasse über den gesamten Artikel abstimmen – Angenommen gegen eine Stimme.«

In der 47. Sitzung des Hauptausschusses am 08.02.1949 wurde das Thema nochmals von v. Mangoldt aufgegriffen mit dem (nochmaligen) Antrag, das Zitiergebot in Satz 2 zu streichen. Dr. Thomas Dehler sagte daraufhin: »Wir wollen diese Fessel des Gesetzgebers«, und der Antrag v. Mangoldts wurde abgelehnt.

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