08. April bis 14. April 2019 - Wochenrückblick in eigener Sache

in #wochenrueckblick6 years ago

Eine Woche schwerwiegender Entscheidungen

Raus mit dem Toast oder doch besser die Idee verbrennen lassen?
Die Frage lautete letztendlich:

Wie verliefe unser Leben ohne den von uns gehegten und gepflegten Egoismus?



Wie ihr richtig bemerkt, sind wir zurück im normalen BRenNgLAS-Modus, in dem es keines Extras oder gar einer Sonderausgabe bedarf.
Es läuft, wenn man nicht so genau hinschaut, alles nach Plan. Die Karwoche öffnet ihre Tore, wir werden die Einladung annehmen und Tag für Tag inständig hoffen, es möge endlich ein Wunder geschehen und der Mensch möge zu seinem Verstand finden. Ohne meteorologische Vorkenntnisse prognostiziere ich trübe Aussichten.
Der BRenNgLAS-Wochenrückblick vergisst jedoch nicht seine Wurzeln, lässt daher die Zukunft einen Moment außer Acht und konzentriert sich ganz auf das, was in den vergangenen Tagen vorgefallen ist.
Jetzt mag die Frage auftauchen, was das alles mit dem Egoismus zu tun hat? Ganz einfach, denn auch wir in der Redaktion sind nicht vor ihm gefeit. Nein, ganz im Gegenteil, wir zelebrieren ihn regelrecht, da wir (bzw. ich) uns das Recht aneignen, um zu entscheiden, was darf zwischen die Zeilen und was bleibt außen vor. Eine durchaus angenehme Form der Eigennützigkeit.
Hier also das Resultat der praktizierten egomanen Verhaltensweise.

Die Inhaltsangabe:

  • Der Einstieg erfolgt mit zwei Damen, die ihr Leben sehr gut im Griff zu haben scheinen, sicherheitshalber jedoch regelmäßig den Kontakt zu dem suchen, der von ganz oben alles mehr oder weniger gut im Griff zu haben scheint und dann als Draufgabe sozusagen, immer kurz vor Ostern die seelische Grundreinigung einfordern.
  • Der Buchtipp der Woche veranschaulicht uns auf sehr unterhaltsame Weise, wie es dazu kommen kann, dass zwei Menschen offensichtlich das Gleiche tun, aber nur einer den Applaus einkassieren darf.
  • Musikalisch, so leid es mir auch tut, kommen die Akkorde nicht ohne die Politik aus. Aber was soll ich machen? Roy Black hat halt seit Ewigkeiten nichts mehr Erwähnenswertes in die schwarzen Rillen gepresst. Stefan Mross leidet unter einem Taktstau und den nutzen die rebellischen Jungs aus dem Hinterhof gnadenlos aus.
  • Der kurze Überblick über die sonstigen Nachrichten wird hoffentlich nicht vor seiner Veröffentlichung vom Schwarzen Loch aufgesaugt. Ich lasse mich selbst mal überraschen
  • Die üblichen Verhaltensmaßregeln schließen sich an, die (und darauf möchte ich erneut hinweisen) erfunden wurden, um eingehalten zu werden. Scheint jedoch noch nicht jeder Leser verstanden zu haben.
  • Plagt euch ab und zu die Langeweile? Macht doch einfach einen Abstecher auf die Seiten, die ich euch knapp vor dem Schlusspunkt aufgelistet habe.
  • Das Impressum beschließt dann die heutige Ausgabe.

Gute Unterhaltung mit der heutigen Ausgabe!



Endlich wieder im Reinen mit sich und der Welt.



Bevor es überhaupt richtig losgeht, muss der erste Rückzieher bereits in die Wege geleitet werden, denn ganz so weit möchte ich mich dann doch nicht mit meinen Prognosen über den Tellerrand wagen. Mit der ganzen Welt ist das schließlich so eine Sache.
Zumal meine ganze Aufmerksamkeit heute auf zwei junggebliebenen Mädels aus meinem Dorf ruht, die sich (so knapp vor Ostern) nichts mehr wünschen, als Jesus mit einem reinen Gewissen bei seinem Umzug von Jerusalem auf einen nahe gelegenen Hügel namens Golgata zuschauen zu dürfen. Viel mehr als dem Spektakel beizuwohnen ist sowieso nicht drin, da beide zu Fuß auch nicht mehr ganz so fit unterwegs sind.
Daher kann eine handgreifliche Entlastung des Hauptdarstellers beim Schleppen seines Kreuzes vorab rigoros ausgeschlossen werden. Um das besser nachvollziehen zu können, stelle ich die beiden heißen Feger erst einmal, ihrer Lebenserfahrung gebührend, genauer vor.

Der Anruf kam am gestrigen Morgen so gegen 10:00 Uhr. Am anderen Ende des Drahtes meine Nachbarin Mila, die über die Dorfgrenzen hinaus dafür bekannt ist, die besten Buchteln im Pfarrbezirk zu zaubern.
Eine außerordentliche Fähigkeit, die sie jedoch nicht davor bewahrte mit einer schweren Arthrose belastet auf ein Gestell angewiesen zu sein, das zwar wie ein Rollator aussieht, beim genaueren Hinschauen jedoch einen erheblichen Mangel offenbart. Jemand hat vergessen dem Teil die Räder zu implantieren. So stochert Mila mit ihren 84 Jahren auf sechs Beinen durch ihr kleines Eigenheim, stets darauf bedacht nicht den Hund oder die Katze unter die nicht vorhandenen Räder zu bekommen. Aber, so blöd ein Rollator ohne Räder auch sein mag, im Garten entpuppt sich das Teil als die genialste Erfindung, direkt nach der menschlichen Intelligenz. (Wurde die überhaupt schon erfunden oder behauptet einer einfach nur, er sei ganz nahe dran?)
Spielt auch in diesem Fall keine staatstragende Rolle, da Mila mir in ihrem Garten veranschaulichte, wie sie mit ihrer Gehhilfe die Saatlöcher für Steckzwiebeln oder Jungpflanzen vorgibt. Danach zwingt die Arthrose Madame dann in die Knie, da das Bücken schon längst der Vergangenheit angehört.

Am gestrigen Morgen stand Mila jedenfalls nicht im Garten, aus dem heraus sie (ganz wichtig) das halbe Dorf überwachen kann, sondern in ihrer Küche am Telefon und stellte mir folgende Frage:
“Wolfram, kannst du mich jetzt gleich zu Anka fahren? Zu ihr kommt nämlich gleich der Pfarrer und nimmt die Beichte ab. Ich warte vor der Haustür.”
Eine prägende Erkenntnis in meinem Leben auf dem Land resultiert in der Verinnerlichung eines unumstößlichen Gesetzes. Manches mag wie eine Frage klingen, sollte jedoch ohne lange zu überlegen als Aufforderung verstanden werden.

Keine 3 Minuten später stoppte ich mein Vehikel möglichst nahe vor den 6 Standbeinen meiner Nachbarin. Kurz danach waren die Saatmaschine und ihre Eigentümerin verstaut und die Reise konnte beginnen. 200 Meter weiter oben im Dorf das gleiche Manöver, nur jetzt in umgekehrter Reihenfolge.
Anka, mit 85 vollendeten Lebensjahren ihrer Nachbarin eine Nasenspitze voraus, schien über den Transport gebrechlicher Beine bereits informiert und erwartete uns im Hof vor dem alten Bauernhaus. Kaum waren vier stabile und zwei wackelige Beine wieder aus meinem Auto gehievt und damit glücklich vereint, bat ich um Meldung wann der Rücktransport beginnen kann.

2 Stunden später klingelt das Telefon.
“Wolfram, kannst du mich abholen? Ich habe Hunger und der Pfarrer ist nicht in Sichtweite.”
Ihr Wunsch - mein Befehl.

15:30 Uhr. Das Telefon bekundet lautstark noch Lebensmut zu verspüren.
“Wolfram, kannst du mich jetzt gleich zu Anka fahren? Zu ihr kommt nämlich gleich der Pfarrer und nimmt die Beichte ab. Ich warte vor der Haustür.”
Nein, kein immer wiederkehrendes Murmeltier, sondern Alltag auf dem Land.
Ganz im Vertrauen gesagt: Ich liebe es, da der Quell aller Inspirationen für Geschichten vor meinen Füßen liegt.

Bei der Schilderung des weiteren Verlaufes könnte ich es mir bequem machen und das Band mit den Ereignissen am Morgen wieder abspielen. Dies kommt jedoch überhaupt nicht infrage, da das wirkliche Leben kein Déjà-vu kennt. Meist sind es die kaum zu bemerkenden Nuancen, die eine vollkommen neue Situation entstehen lassen, obwohl es sich anfühlt, als hätte man das alles bereits einmal erlebt.
Mila, durch ein kräftiges Mittagessen gestärkt, welches seit den frühen Morgenstunden geduldig am Rand des großen Holzofens dahin köchelte, empfing mich mit der Botschaft, von wem auch immer sie gesendet wurde, diesem Pfarrer zuerst einmal selbst die Beichte abnehmen zu wollen, da es doch wohl eine Sünde sei, zwei so alte Damen dermaßen auf die Folter zu spannen. Ich hatte grundsätzlich nichts gegen dieses religiös untermauerte Vorhaben einzuwenden, gab jedoch zu bedenken, dass es Möglichkeiten gäbe, dass der Gottgesandte zukünftig vereinbarte Abmachungen auch einhalte. Eine davon wäre zum Beispiel, dass der Schwarzjacke anstatt dem Vaterunser Ankas Krückstock entgegengeschlagen wird.
Milas verschmitztes Lächeln ließ in mir die Hoffnung aufkeimen, möglicherweise einen unterhaltsamen Nachmittag miterleben zu dürfen.

Bei der zweiten Einfahrt in Ankas Domizil wurde ich ungewollt Zeuge dessen, welch fatale Auswirkungen eine Unterzuckerung beim Menschen haben kann. Kaum meiner Staatskarosse im innerdörflichen Einsatz entstiegen, startete eine Litanei, über die Heilige Dreifaltigkeit, die wohl darauf abzielte, mich bei nächster Gelegenheit als zukünftigen Papst vorzuschlagen. Während ich reichlich verblüfft aus der Wäsche schaute, lachte sich Mila ihre Gehhilfe steif und informierte ihre Nachbarin darüber, dass sie sich in der Auswahl ihres Kandidaten ganz gehörig vergriffen habe.

Der Fairness geschuldet und zum besseren Verständnis sollten nun auch ein paar wenige Details zu Anka an die frische Luft treten. Anka mag altersmäßig Mila knapp voraus zu sein, doch ändert das nichts an der Tatsache, dass die eine mit 6 Beinen einmarschiert, während die Hausherrin lediglich auf ihre beiden wackligen Exemplare und eine unhandliche Krücke zurückgreifen kann. Dieses scheinbare Handicap hat die Alterspräsidentin jedoch längst zu ihren Gunsten gedreht, indem sie im Frühling letzten Jahres (es war an der Zeit die Reben zu binden) Mila zu einem Zwischenspurt am Hang des Weinberges herausforderte. Seither herrscht Waffenstillstand zwischen den Mädels, die, ganz nebenbei bemerkt, seit vielen Jahren ihr Leben ganz alleine meistern.

Nachdem Maria und Joseph als meine Eltern definitiv ausgeschlossen werden konnten, begaben wir uns wieder in die “Gute Stube”, in der sich seit dem Morgen aber auch rein gar nichts verändert hatte. Sieht man einmal von der Tatsache ab, dass der alte Holzofen, der gleichzeitig als Kochstelle dient, weiter kräftig gefüttert wurde. Trotz geöffneter Tür schätzte ich die Temperatur auf mindestens 25°. Für meine Verhältnisse einen Bullenhitze, die sich jedoch auf das Mitteilungsbedürfnis der beiden Mädels älteren Jahrgangs positiv auszuwirken schien.

Anka machte den Anfang. Stehend, sich am Stuhl vor dem Küchentisch festklammernd und den Blick starr aus dem Fenster gerichtet, um nur ja die Ankunft des Messias nicht zu verpassen.
“Ich könnte dem Pfarrer die Harke ins Kreuz schlagen. Den ganzen Tag heize ich den Ofen und dann darf kein Topf drauf stehen. Die ganze Zeit habe ich noch nichts gegessen, weil ich immer glaube, dass er mich gerade im falschen Moment erwischen wird.”

Mila, dank der Begebenheit, dass die Außenstelle Beichtstuhl fernab ihrer Küche liegt, die somit der sowohl gewollten, als auch langweiligen Sterilität entkommen konnte, legt noch eine Scheite auf das Feuer der Frustration ihrer Nachbarin und zählte detailliert auf, was sie bereits alles gegessen hat. Da Mila bei solchen Aufzählungen es an Genauigkeit nicht missen lässt, kann ich mitverfolgen, welche Farbpalette Frust und angestauter Zorn für Ankas Gesicht bereit halten. Als der gedünstete grüne Spargel und die Sauce Hollandaise an der Reihe waren, schien mir, als sei das klassische Aschfahl erreicht, das üblicherweise auf einen gleich einsetzenden Wutausbruch hindeutet. Dieser konnte sich jedoch nicht so richtig aus seinen bereits gelockerten Fesseln befreien, da sich von unten aus dem Dorf her ein schwarzer Volkswagen Touareg näherte und geradewegs Kurs auf die Einfahrt zum Bauernhof hielt.

Aschfahl war gestern. Jetzt näherte man sich wieder dem Zartrosa an. Auch vergessen der aufkochende Groll gegen die verfressene Nachbarin. Der Küchenstuhl hatte ebenfalls als Haltegriff seine Schuldigkeit getan und wurde ordnungsgemäß wieder an seinen Platz geschoben. Der Griff zur Krücke erfolgte überaus routiniert, ja geradezu entschlossen. Anka schien innerlich wie äußerlich bereit zum Empfang des so sehnsüchtig erwarteten Messias.
Mila blieben Einzelheiten über das verspeiste Dessert förmlich im Hals stecken, was zur Folge hatte, wie ein Karpfen kurz und heftig nach Luft schnappen zu müssen. Zwar dem Erstickungstod gerade noch so von der Schippe gesprungen, richtete die rechte Hand mit einer routinierten Bewegung das schwarze Kopftuch, derweil die linke nach dem behinderten Rollator schnappte.

Und ich? Ich, der die Wiederauferstehung nur in Verbindung mit dem Boxsport oder einer männlichen Erregungsphase kenne, stellte mir ernsthaft die Frage, ob ich meine Fraktionslosigkeit nicht aufgeben und besser doch in den Reihen der kirchlichen Würdenträger einen Posten anstreben sollte. Wenn der 173. Stellvertreter vom Stellvertreter Gottes auf dem Dorf mit einem Esel im Wert von circa 60.000 Euro angeritten kommt, welcher Zuchthengst steht dem Fraktionsvorsitzenden dann erst zur Verfügung? Weder blieb mir die Zeit direkt über die Möglichkeit nachzudenken, sofort mir ein Mitgliedsantrag aushändigen zu lassen, noch konnte ich das Thema auf die lange Bank schieben, da die nun dringlichst für den Messias im schwarzen Anzug mit weißem Stehkragen gebraucht wurde. So räumte ich, zwar noch immer nachdenklich, doch mit dem notwendigen Elan meinen Platz in der Küche, da ja neben dem unbenutzten Herd, Heiligenbildern an den Wänden und einer brennenden Kerze gleich alle begangenen Sünden sich in Luft oder Rauch auflösen sollten. Um dieses Ritual nicht unnötig in die Länge zu ziehen, war der Stellungswechsel für mich eine Pflichtaufgabe.

Keine fünf Minuten später, der Rundgang um den Allrad-Transporter mit Heiligenschein hatte ich gerade abgeschlossen, öffnete sich die Tür zur Behelfsbeichtstube und der so lange Herbeigesehnte startete im Getriebe seines Wolfsburger Esels mit der Suche nach dem Rückwärtsgang. Mit einem solchen Verlauf im Zeitraffer hatte ich nicht gerechnet, insgeheim (das muss ich einfach zugeben) aber doch erhofft.
Wieder zurück in der Guten Stube des Hauses finde ich zwei reingewaschene Mädels vor, die sich köstlichst zu amüsieren scheinen. Nach dem Grund des Amüsements befragt, ergreift Mila zuerst das Wort.

“Mich hat er gefragt, ob ich gesündigt habe. Daraufhin habe ich gesagt, dass ich Dino (Milas Hund) schon ab und zu zum Teufel wünsche, wenn er mir zwischen den Füßen steht. Daraufhin hat er gesagt, das zähle nicht als Sünde, da es der eigenen Unversehrtheit nutze. Damit war ich dann schnell durch.”

Ankas Schnelldurchgang in Sachen Vollreinigung klang nicht weniger interessant.
“Ich habe ihm erzählt, dass ich an der Galle operiert worden bin und vorher, immer wenn ich mich vor Schmerzen kaum bewegen konnte, Gott verflucht habe, weil er mir Gallensteine einverleibt hat. Daraufhin hat er mich nur gefragt, ob ich noch immer Schmerzen habe. Ich verneinte und er meinte, dann hätte Gott mir schon längst verziehen.”

Auf dem Nachhauseweg kam Mila noch mit einem nicht unwesentlichen Detail um die Ecke, das noch mehr Licht in die Schnellabfertigung brachte.
“Schon als er reinkam deutete er an, dass er nicht viel Zeit habe, da um 18:00 Uhr die Messe beginnt.”

Ich sehe es kommen, die Ostertage ziehen ins Land und einzig und alleine ich muss meine Sünden auf dem Rücken durchs Dorf schleppen. Und dabei wurde mir die perfekte Möglichkeit zur Selbstreinigung geboten. Aber nein, ich klotze lieber auf einen schwarzen Esel mit 160 PS.

Der Autor:

Anselm Oelze

Anselm Oelze, geboren 1986 in Erfurt, studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Philosophical Theology in Freiburg und Oxford. Nach seiner Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin forschte er an der Universität Helsinki. Derzeit lehrt er an der LMU München und lebt mit seiner Familie in Leipzig. Wallace ist sein erster Roman.

Das Buch:

Wallace

Brasilien in der Mitte des 19. Jahrhunderts: Der Naturforscher Alfred Russel Wallace läuft durch die dunstig-feuchte Luft des Regenwalds. Schlingpflanzen hängen von den Ästen herab, zwischen den Baumkronen ist der Himmel kaum auszumachen. Inspiriert von den Reiseberichten Humboldts will Wallace Insekten und andere Tiere fangen und sie dann an Sammler verkaufen. Der wissenschaftliche und der finanzielle Erfolg seiner Mission sind alles andere als gewiss. Auf der Schiffsreise zurück sorgen seine Erklärungen deshalb für Spott unter den Matrosen.

Zeitgleich mit Darwin entdeckte Alfred Russel Wallace das Prinzip der natürlichen Auslese. Doch er veröffentlichte seine Forschungen zu spät, so ist er heute fast vergessen. Genau diese Tragik macht ihn für Anselm Oelze zum perfekten Helden. In seinem Debüt folgt er Wallace auf seinen Reisen, zugleich lässt er einen Museumswächter im Hier und Heute das Erbe des Forschers entdecken. Gelungen ist ihm ein philosophischer Abenteuerroman: "Wallace".

Sean Taylor - The Path Into Blue

Nicht erst bei dieser Scheibe zeigt sich der Singer/Songwriter auch als Protestler und kritischer Beobachter des Weltgeschehens. Unter anderem geht es bei seinen Songs um die Sparpolitik, Geldgier, Ungleichheit, Drogenabhängigkeit, Streiks und Ungerechtigkeit. Die Vernetzung mit der Literatur im Allgemeinen ist ebenfalls offensichtlich.

Sean Taylor - This Is England

Fettes Brot - Lovestory

Ja, sie haben es mal wieder geschafft!
In gewohnt leicht, lässiger Manier haben die Hamburger Rapper sich mit der Vorveröffentlichung ihrer Auskopplung aus dem neuen Album den Zorn der rechten Szene zugezogen.
Wenn ich auch den sozialen Medien nicht unbedingt viel Positives abgewinnen kann, so feiere ich doch jedes Mal die Spontanität des rechten Lagers, ohne Sinn und Verstand dort auf alles verbal einzuprügeln, das keinen Platz in ihrer eingeschränkten Parolenwelt finden kann.

Fettes Brot - Du driftest nach rechts

Was mir sonst noch so auffiel:


Ich habe anfänglich mit dem Gedanken gespielt, als mir dieses Foto als das Pressefoto des Jahres vorgelegt wurde, ob ich diese Rubrik nicht gänzlich mit Aufnahmen fülle, die in den Jahren zuvor mit dieser Auszeichnung geehrt wurden und letztendlich nicht anderes dokumentieren, was wir alle wissen, jedoch niemand gewillt ist zu verändern.
Klar ist es nicht leicht sich einzugestehen, im Grunde genommen ein Versager zu sein, ein Weltmeister im Augenschließen und Erfinder des Weghörens. Aber wir sollten uns langsam damit abfinden.
Dann drängten sich Themen wie das gescheiterte Abkommen mit China, der Angriff auf die Pressefreiheit mit der Verhaftung von Julian Assange, der Machtkampf in Libyen und das Schwarze Loch auf, von dem ich viel lieber wüsste, wie es von der anderen Seite betrachtet aussieht.
Da mir darauf auch niemand eine Antwort liefern konnte, genau wie zu den anderen Themen, nahm ich mir dann doch die Zeit zu einem Rückblick auf unser Versagen.

1972


2012


2013


Ich gestehe ein, hier keine Sonntagskost zu liefern. Aber wir waren es, die die Zuckerwatte aus dem Leben vieler Menschen verbannt haben.


Nachdenklich, aber auch nicht ganz hoffnungslos


Der Chefredakteur

Design: @altobee

Hinweise auf lesens- und hörenswerte Beiträge:

Der Wegweiser für alle, die das für sie Wichtige suchen: steemwiki
Wer interessiert am Jazz ist, der findet hier was: #jazzfriday
Soll es was ganz Leckeres für den Magen sein: #w74-rezepte
Kurzgeschichten oder Ausflüge in die deutsche Sprache, dann wird man sicher fündig unter: #ganzwenigtext
Alte Ausgaben des Wochenrückblickes liegen hier: #wochenrueckblick
Mahnende Worte von der Kanzel herab (oder von wo auch immer): #sonntagspredigt
Nicht zu vergessen: BRenNgLAS

Impressum:

Sort:  

Moin Wolfram,

es ist wirklich immer wieder köstlich, wie dir im eigenen Dorf die Geschichten vor die Füße gelegt werden. Schön, dass du die harte Realität des strengen Katholizismus ebenso humorvoll ertragen kannst, wie die beiden jungen Damen aus deiner Nachbarschaft.

So sehr habe ich mich an meine Großtante erinnert, die mit ihren zitternden Greisenhänden kaum noch etwas auf die Reihe gekriegt hat, außer sich samstags intensiv zu waschen und die Ankunft des Pfarrers im Seniorenheim als Highlight der Woche sehnsüchtig zu erwarten. Tatkräftig wird sie nicht mehr gesündigt haben, aber wat mutt, dat mutt.
Ich hätte damals liebend gern auf einen Nachbarn wie dich zurückgegriffen, musste ich doch bei Wind und Wetter als Kind, das sich rasch noch ein paar Sünden ausgedacht hat, auf den Kirchenbus warten. Schon damals war ich recht kritisch und habe mich gefragt, warum ich mich, egal, ob ich nun in der Fastenzeit heimlich an einem Keks geknuspert oder meine kleinen Brüder verdroschen habe, immer auf dieselbe Weise freikaufen durfte: Drei Vaterunser und einmal den Rosenkranz beten. Ich glaube, meine größte Sünde bestand darin, dass ich aus eben diesem Kranz ein paar Perlen entfernt habe, damit das Reinigen der schwarzen Seele nicht so lange dauert. Das beichte ich nun hier jedoch zum ersten Mal.

Deine Idee, ein paar Pressefotos des Jahres zu veröffentlichen, finde ich sehr gut. Traurig, dass sie sich in fast 50 Jahren noch immer so sehr ähneln und dass sich an dieser Tatsache wohl auch die nächsten 50+x Jahre nichts ändern wird.

Trotz schwerer Sonntagskost wünsche ich euch ein schönes Restwochenende,
liebe Grüße,

Christiane

Hallo Christiane,

zwar mit einer leichten Verspätung, doch die Antwort kommt.
Nachdem ich am gestrigen Morgen den gesamten Text aus mir heraus abgezapft hatte, ging irgendwie bei mir auch die Lust verloren mich später am Tag wieder intensiver mir den Reaktionen auf den Rückblick zu beschäftigen.
Wie ich heute sehe, sind die Reaktionen (was die Anzahl betrifft) überwältigend und absolut motivierend für den nächsten Sonntag.
Dass es daran

Trotz schwerer Sonntagskost

gelegen haben kann, mag ich nicht glauben. Sollte es doch der Fall sein, dass Realitätsferne sich durchsetzt, folge ich gerne dem Trend und stelle nur noch schöne bunte Fotos rein - so bunt, wie wir die Welt gerne hätten.
Was die Beichte betrifft, ist mir noch eine gute Idee gekommen, wie ich (quasi durch die Hintertür) doch noch auf den profitablen Zug unter der Flagge des Vatikans aufspringen kann.
Ich entwickele den Beichtautomaten. Es gibt dann die fest installierte Variante (neben der Dorfkneipe, zwischen Metzger und Bäckerei und vielleicht im Freibad) und die mobile Box (geeignet für Marktplätze, Politveranstaltungen und den Straßenstrich). Für Kleingeld (bis 5 Euro) gibt es den Sündenerlass "light", kommen die Scheine jedoch ins Spiel, kann Hintergrundmusik zugeschaltet werden und der Text für das Vaterunser wird ausgedruckt.
Jetzt muss ich nur noch Investoren suchen. Das wird Zeit in Anspruch nehmen, die mir dann für Steemit fehlen wird. Ist aber auch kein Beinbruch, da es sowieso keinen (bis auf ganz wenige Ausnahmen) interessiert, was ich zu sagen habe.

Liebe Grüße
Wolfram

Was die Beichte betrifft, ist mir noch eine gute Idee gekommen

Brillant, Wolfram, einfach genial!
Kann man da irgendwie mit einsteigen? Immerhin bringe ich, wie oben beschrieben, eigene Erfahrungen als Referenz mit. Ganz groß werden wir rauskommen, wenn wir @leroy.linientreu mit ins Boot holen. Der ist sich, wenn's ums große Geld geht, für nichts zu schade und würde sich hemmungslos sogar den Talar überwerfen.

Nebenbei ein paar schöne Fotos, ist auch nicht schlecht. Wie wär's mit dem Ausrufen einer Wolframs-schöne-Welt-Challenge? Richtigen Reibach machst du dann quasi für nichts, wenn du all die bunten Beiträge wöchentlich knackig in einem Sammelpost zusammenfasst.

Das wird Zeit in Anspruch nehmen, die mir dann für Steemit fehlen wird

Das ist gar nicht schlimm. Du kannst die Zeit nutzen, um deiner Lektorin, Verlagsfuzzis und besser noch dir selbst in den Allerwertesten zu treten, damit die tanzenden Hasen auch nach Ostern auf's Parkett marschieren. Das Volk wird nach einer Neuauflage schreien, die Werbekampagne ist jedenfalls angelaufen. Ich sag nur: Donna Tartt, Günter Grass, Juli Zeh und Wolfram Leinenweber...

Liebe Grüße,

Christiane

Christiane, dir stehen nicht nur als Investorin alle Türen offen, du könntest als zukünftige Päpstin auch das Füllmaterial der multifunktionalen Beichtstühle mitbestimmen. Das Angebot ist groß, reicht vom gehäkelten Rosenkranz bis zum perforierten Kondom, während der Gewinn vor Steuer einem Staat wie Venezuela zu einer besseren Stromversorgung helfen könnte.
@leroy.linientreu, wie du ihn nennst, der Retter und Beschützer Brandenburgs, der Kämpfer für die freie Meinungsäußerung (auch von der Kloschüssel herab), weltweit anerkannter Ignorant aller Linien, die verbale Tiefschläge Einhalt gebieten sollten, wäre im Talar einfach unterfordert.
Der Mann, der bereits die Kaiserkrone trug, dem Präsidialamt zu ungeahntem Glanz verhalf und ganz nebenbei auch noch Gerhard Schröder nach Sibirien verbannte, scheint mir prädestiniert für den Job des Vorstandsvorsitzenden. Immer gut bezahlt und die fette Abfindung garantiert.
Das ist Absolution in Vollendung!

Päpstin schockt bestimmt! Wenn ich schon keine Messdienerin werden durfte, wäre das ja mal ein Karrieresprung. Und du meinst wirklich, dass man beim gehäkelten Rosenkranz ein paar Maschen fallen lassen darf? Okay, ich denke nach...

Spitzenvorschlag, seh ich ähnlich.
Allerdings lieber Aufsichtsratrsvorsitzender. Die haben null Verantwortung und kriegen noch mehr Kohle. Also die absolute Profiabteilung.
Da würde ich sogar in väterlicher Güte zur Teilnahme an Greta-Märschen aufrufen, wenn es die Stellung festigen würde.

Allerdings lieber Aufsichtsratrsvorsitzender

Gleich den Börsengang zu wagen, das ist natürlich eine geniale Idee. Gutgläubige Aktionäre davon zu überzeugen, anstatt in den Opferstock lieber in unsere Aktien zu investieren, dürfte nicht das große Problem sein. Gleich danach darfst du selbstverständlich mit dem Packen beginnen.

Geld.jpg

Ein rundum gelungenes Gesamtwerk an dem es rein garnichts zu meckern gibt, auch wenn der dicke Kloß in meinem Hals, der zum Ende dieses Beitrags wuchs noch immer schmerzt.
Ich musste mich nach dem lesen allerdings schnell vergewissern, das meine Nachbarinnen nicht nach Kroatien gepilgert sind, kamen mir die zwei heißen Feger aus deinem Dorf doch so bekannt vor. 😎

Grüße.

Das mit dem dicken Kloß ( wie es ja auch @chriddie angemerkt hat) tut mir echt leid.
Ich mag nämlich dicke, gefüllte Klöße.

gefüllte Klöße.jpg

Vielleicht hätte ich lediglich Messer und Gabel beilegen müssen?
In kleinen Happen wäre es besser verdaulich gewesen.
Weißt du, was mir dabei auffällt?
Uns bleibt immer öfter das im Hals stecken, was wir uns selbst zubereitet haben!
Das mit deinen Nachbarinnen könnte übrigens durchaus sein. Der Dialekt, den Mila und Anka für ihren kurzen Meinungsaustausch nutzen, der klingt ganz danach, als kämen sie aus dem Hinterland der Algarve. Mit dem Kroatischen hat es jedenfalls nicht sehr viel zu tun.

Beste Grüße quer rüber

Wolfram

Siehste, Wolfram, ich lese nicht nur deine Beiträge gründlich, sondern auch die sich darunter befindenden Kommentare. So ein "Mention" funktioniert nämlich nicht, wenn du Chriddi noch ein e mit ins Gepäck gibst.
LG, Christiane

Hallo Wolfram, ich muss gestehen es war meine erste ausgabe Brennglas.
Aber ich fand sie sehr sehr gut und hat mir echt gefallen.
Werde wohl jetzt mal öfter hier vorbeischauen!

Gute Arbeit schön weiter machen :)

Lieben Gruß
knochenhd

Irgendwann ist immer das erste Mal.
Hauptsache ein Anfang ist gemacht.

Gruß
Wolfram

Guten Morgen lieber Chefredakteur, wieder eine sehr gelungene Ausgabe vom Brennglas. Klasse, die Geschichte der zwei beichtwilligen Frauen, hab ich sehr amüsiert. Hab noch einen schönen Sonntag. Alexa

Hallo Alexa,

der treuen Leserin ein herzliches Dankeschön.

die Geschichte der zwei beichtwilligen Frauen

Das Amüsement war auch ganz auf meiner Seite. Ohne solche Protagonistinnen hätte so manche Geschichte nie ihren Weg zwischen die Zeilen gefunden.

Gruß nach Hessen
Wolfram