Lösungsorientierung VS. Problemorientierung

in #loesungsorientiert7 years ago (edited)

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Lösungsorientiert VS. Problemorientiert

Sind wir nicht alle lösungsorientiert? Ich behaupte: Nein! Gerade in der pädagogischen und sozialen Arbeit werden Probleme oft problemorientiert betrachtet. Es ist ja auch einfach, über Probleme zu reden. Da fällt jedem Beteiligten immer etwas ein, was schwierig ist, was noch nicht gelöst ist, was schwer fällt und wo man nochmal genau hinschauen und analysieren müsste...am Ende sind sich alle einig, dass es wirklich ein sehr ernst zu nehmendes und schwieriges Problem gibt!

Während meiner Ausbildung zum Systemischern Berater (DGSF) habe ich den Lösungsorientierten Ansatz kennen gelernt und stelle ihn seitdem in den Mittelpunkt meiner verschiedenen Tätigkeiten. Da ich viel in der Jugendhilfe tätig bin, stellt für mich die Lösungsorientierung eine konsequente Weiterentwicklung der Ressourcenorientierung dar, welche sich in der Jugendhilfe als eine Art Standard etabliert hat. Ich habe festgestellt, dass es in vielen Fällen, gerade wenn schon viele Hilfen und Maßnahmen gelaufen sind, sehr hilfreich und effektiv ist, mit dem lösungsorientierten Ansatz zu arbeiten.

Ich möchte hier, inspiriert durch das Praxisbuch Lösungsorientierte Beratung von Günter G. Bamberger, eine bewusst einseitige Gegenüberstellung der Nachteile der Problemorientierung und der Vorteile der Lösungsorientierung vorstellen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass jeder Ansatz seine Berechtigung hat und meine Ausführungen nicht als wertend zu verstehen sind.

Viel Spaß beim Lesen und ich freue mich über euer Feedback :)

Was bedeutet Lösungsorientierung?

Lösungsorientierung beschreibt die innere, auf Lösungen ausgerichtete Haltung eines Beraters. Außerdem bedeutet sie einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie Probleme normalerweise gelöst werden. Lösungsorientierung bedeutet Lösungen zu konstruieren, anstatt Probleme zu analysieren.

Der Problemorientierte Ansatz:

Die Problemorientierung ist eher Vergangenheitsorientiert. Es werden Vermutungen (Hypothesen) angestellt, wie und warum ein Problem entstanden ist. Eine Fokussierung auf das Problem führt dazu, dass es durch die Problemdiagnose zu einer Problemstabilisierung kommen kann, auch Problemtrance genannt. Dem Ratsuchenden kommt die Situation dann meist unlösbar und sehr belastend vor.

Der Berater hilft dem Ratsuchenden dabei, dass Problem zu „verstehen“. Dadurch kann sich dieser den aktuellen Zustand leichter erklären und ihn akzeptieren. Das wiederum kann die Chancen auf Veränderung mindern oder verlangsamen. Außerdem schränkt diese "Ursachenforschung" die Sicht auf zukünftige mögliche Handlungsalternativen ein und auf das, was trotzdem gut läuft.

Für viele Ratsuchenden kann es außerdem schmerzhaft sein, "alte Wunden" aufzumachen und diese zu analysieren. Besonders dann, wenn diese unzutreffenden Hypothesen nichts zur Problemlösung beitragen können und man sich lange „im Kreis dreht“, oder nach der "richtigen" Hypothese sucht.

Die beschriebenen Vorgänge und Analysen kosten viel Zeit und Kraft, welche dann nicht mehr für die Lösungsfindung und deren Umsetzung zur Verfügung steht.

Der lösungsorientierte Ansatz:

Die Lösungsorientierung ist stark Zukunftsorientiert. Anstatt eine Problemanalyse vorzunehmen, wird gemeinsam an einer Lösungsvision gearbeitet (Ausblick statt Rückblick).

Durch verschiedene Fragetechniken und durch eine wertschätzende und zutrauende Haltung des Beraters wird der Ratsuchende dazu ermutigt, eigene Lösungen zu entwickeln und erste Schritte zu unternehmen.

Dies geschieht dadurch, dass der Fokus in der Beratung auf Ausnahmen und Situationen gelegt wird, in denen das Problem nicht oder weniger vorhanden ist. Hier "verstecken" sich oft Lösungsansätze. Gemeinsam werden diese Lösungsansätze untersucht. Der Berater unterstützt den Ratsuchenden dabei, vergessene Ressourcen zu (re)aktivieren und bei der Entdeckung neuer Ressourcen.

Mit Hilfe der Außenperspektive kann der Berater, gemeinsam mit dem Ratsuchenden, eine Blickfelderweiterung in Richtung von dem "was sein könnte" herbeiführen. Dies schafft neue Handlungs- und Wahlmöglichkeiten für den Ratsuchenden.

Ein großer Vorteil der gesamten Vorgehensweise ist, dass der Ratsuchende selbst als Experte seines eigenen Lebens wahrgenommen wird und aktiv entscheidet, in welche Richtung er sich entwickeln möchte.

Durch die aktivierende und zukunftsorientierte Arbeitsweise werden oft mit wenigen Sitzungen schnell positive Entwicklungen angestoßen und im Alltag Entlastung für den Ratsuchenden erreicht.

Mein Fazit:

Das sprechen über Probleme hilft dem Problem, das sprechen über Lösungen hilft dem Lösen von Problemen. (Zitat frei übersetzt von Steve de Shazer)

Quellen:

  • Lösungsorientierte Beratung: Praxishandbuch. Mit E-Book Inside und Arbeitsmaterial
  • Mehr als ein Wunder: Die Kunst der lösungsorientierten Kurzzeittherapie
  • http://www.zeyringer.com/Handout_loesungsorientierte_Kommunikation.pdf
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    Wie du es beschrieben hast, ist das schon richtig. Und auch, dass du sagst, alle Orientierungsformen haben ihre Berechtigung.
    Sie haben alle ihre Vor- und Nachteile, darum finde ich es auch gut, wenn man flexibel bleibt und hin- und herspringen kann zwischen den Ansätzen.

    Hinzufügen würde ich da noch die Aufgabenorientierung, die sich aber auch stark mit der Lösungsorientierten überschneidet, aber die Probleme nicht aus dem Blick lässt.

    Der schwierigste Schritt ist immer der, vom Reden ins Handeln zu kommen und viele Leute mit Probleme wissen sehr wohl, was die Lösung wäre, aber irgendetwas hindert sie daran. Kleine und klar definierte Aufgaben, auch in einem eher spielerischen Rahmen, die man u.U. zusammen entwickeln kann, aktivieren den Menschen und geben manchmal den entscheidenden Impuls zum Handeln, um aus den Kreislauf auszubrechen.

    Hey,
    danke für dein ausführliches Feedback!
    Der Ansatz muss immer zum Klienten passen, das ist klar. Ich würde jedoch nicht in einer Beratung zwischen den Ansätzen hin und her springen, da sich die Prozesse ansonsten gegenseitig stören würden.
    Wenn ich im Erstgespräch merke, dass es nicht passt, oder das Thema nicht passt (zb. Trauerbegleitung), dann arbeite ich auch nicht Lösungsorientiert.
    Viele Menschen, die in eine Beratung kommen, haben ihr Problem meist schon sehr intensiv problemorinetiert betrachtet(Eigenreflexion, Diskussionen mit Familie und Freunden, Recherche im Internet etc). Daher hilft Ihnen die Lösungsorientierung neue Erkenntnisse zu bekommen.

    Auch der Schritt ins Handeln beginnt bei der Lösungsorientierung direkt, da man sich mit zb. mit Ausnahmen beschäftigt und dann Beobachtungsaufgaben mitgeben kann.
    Genau darin liegt einer der größten Vorteile, es wird direkt geschaut, was hilft, geholfen hat oder trotzdem gut ist.

    Hallo @loesungsblick, herzlich willkommen auf Steemit.

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    Hallo Lösungsblick,
    die Lösungsorientierung ist unter Systemikern klar im Fokus. Ich habe in meiner Tätigkeit bei der Beratung im Gehen (Walk & Talk) die Umsetzung eines kleinen Tipps meiner Lehrtherapeutin als "Zauberwort" schon mehrfach erlebt.

    Aus dem allgemein gebrauchten "WARUM" hat sie einfach das "WOZU" gemacht. Das möchte ich hier einfach an Deinen Post, den ich wirklich klasse finde ergänzend anmerken!

    Das führt dann auch zur Umsetzung, die hier von deepculture bereits bemerkt wurde. "Wozu wird das Verhalten führen?" oder "Wozu hat es sich bei Zeiten für heute als hilfreich erwiesen?"

    Danke für den Post! Oder um es systemisch auszudrücken: Gerne mehr des Gleichen!