Bewertungskonzeption für eine Anlagestrategie in Dividendentitel
Eine Dividende ist ein Teil des erwirtschafteten Gewinns (oder der Substanz) eines Unternehmens, der an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Die Dividende ist eine Möglichkeit für Unternehmen den Aktionär direkt ohne die Veräußerung von Anteilen am Unternehmensgewinn zu beteiligen.
Es liegt nahe, dass durch den Kauf von Aktien eines Unternehmens, welches Teiles seines Gewinns in Form von Dividenden ausschüttet, ein passiver Einkommensstrom durch den Zufluss dieser Ausschüttung generiert werden kann. Ist dieses Unternehmen in der Lage seine Gewinne Jahr für Jahr stetig zu steigern, kann es diese Gewinnsteigerung an die Aktionäre in Form von Dividendenerhöhungen weiterreichen.
Dabei stellt sich die Frage, wie solche Unternehmen systematisch auf diese Eigenschaften analysiert werden können, die in nachhaltig steigenden Dividenden resultieren und dabei ebenso das Rendite/Risiko-Profil nicht außer Acht lassen.
In diesem Artikel wird ein Bewertungskonzept vorgestellt, das das Ziel hat mit möglichst geringem Aufwand einen quantitativ aussagekräftigen Score für einzelne Unternehmen zu ermitteln und damit einen Vergleich zu anderen Unternehmen zu ermöglichen. Damit soll ermöglicht werden dem Anleger ein Werkzeug an die Hand zu geben, um eine Kaufentscheidung treffen zu können.
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Annahmen
Dem Bewertungskonzept wird vorausgesetzt, dass der Anleger eine langfristige Anlagestrategie mit ebenso langfristigem Anlagehorizont verfolgt. Im Fachjargon spricht man dabei von Buy-and-Hold, also dem Kauf von Wertpapieren und der Absicht diese langfristig zu halten. Es ist nicht das Ziel dieser Bewertungskonzeption durch hochfrequenziertes Handeln Rendite zu erwirtschaften, sondern durch die vorgestellten Bewertungsfaktoren ein nachhaltig steigenden passiven Einkommensstrom zu generieren und der Volatilität der Börse nur wenig Beachtung zu schenken.
Das Bewertungskonzept ist zudem keinesfalls zur einmaligen Anwendung gedacht, sondern erfordert ein regelmäßiges Aktualisieren und Wiederanwenden (Buy-and-Monitor), um die dividendenorientierte Anlagestrategie zu unterstützen.
Mindestens jährlich sollte das Bewertungskonzept auf bestehende bzw. potenziell interessante Unternehmen angewandt werden.
Bewertung
Für die Bewertung der einzelnen Unternehmen wird nun ein Konzept vorgestellt, das erlaubt basierend auf vier Faktoren die Eignung eines Unternehmens für ein Dividenden-Portfolio über einen Score zu quantifizieren.
Konzept
Das grundlegende Bewertungskonzept basiert auf gleichgewichteten Faktoren, welche mit Hilfe des geometrischen Mittels in einer Punktzahl mit maximal 100 Punkten resultiert.
Das geometrische Mittel wurde dem arithmetischen Mittel vorgezogen, da bei ersterem die Bewertung eines Faktors mit 0 automatisch eine Gesamtpunktzahl von 0 zur Folge hat. Das verleiht den Definitionen der Untergrenzen der Einzelfaktoren mehr Aussagekraft.
Zusätzlich erlaubt das Bewertungskonzept bei herausstechend positiven Werten für einen Einzelfaktor die Nichtgewichtung des schlechtesten Faktors. Das hat zur Folge, dass ein hochwertiger Faktor einen niederwertigen Faktor ausgleichen kann. Dann liegt es im Ermessen des Anlegers, wie er dieses Unternehmen letztendlich bewertet und sorgt dafür, dass ein Unternehmen nicht durch einen einzelnen niedrig bewerteten Faktor bei der Sortierung zu weit nach unten fällt. Welche Werte dafür im Einzelnen erreicht werden müssen, wird in den einzelnen Faktoren beschrieben.
Zusätzlich ist anzumerken, dass die Obergrenze, ab welcher die Höchstpunktzahl von 100 erreicht wird, durch das obere Quartil des jeweiligen Faktors bestimmt wird. Ein Bonus wird gewährt, wenn sich ein Unternehmen zu den besten 10% des jeweiligen Faktors zählen kann.
Das bedeutet folglich, dass die Bewertung aussagekräftiger wird je mehr Unternehmen im Datenbestand aufgenommen werden.
Faktoren
Die Bewertung jedes einzelnen Unternehmens erfolgt anhand von vier Bewertungsfaktoren. Drei davon sind der Kategorie "Ertrag" und eine der Kategorie "Risiko" zuzuordnen.
Ertrag
Die Bewertungsfaktoren in der Kategorie "Ertrag" basieren allesamt auf Eigenschaften der Dividendenzahlung. Dabei wird das Wachstum, die Stabilität und die Kontinuität der Dividenden der vergangenen 10 bzw. 20 Jahre in Betracht gezogen. Es ist wichtig anzumerken, dass lediglich die "normalen" Dividenden ohne Sonder- oder Bonusdividenden in die Kalkulation mit einfließen.
Dividendenwachstum
Das Dividendenwachstum errechnet sich aus dem Durchschnitt der Teildurchschnitte der letzten 3, 5 und 10 Jahre. Damit wird der Zeitraum der letzten 3 Jahre am stärksten und der Zeitraum der letzten 10 Jahre am schwächsten gewichtet. Dennoch wird auch das langfristige Dividendenwachstum mit berücksichtigt.
Schafft es ein Unternehmen nicht mit dem Dividendenwachstum eine angenommene Inflation von 2% zu kompensieren, resultiert das in einer Punktevergabe von 0.
Dividendenstabilität
Der Faktor "Dividendenstabilität" korreliert den Verlauf der gezahlten Dividenden im Zeitraum von 10 Jahren mit einer imaginären Geraden - ausgehend von dem Dividendenminimum von vor 10 Jahren - und dem aktuellen Maximum.
Als Untergrenze wird hier eine Korrelation von 0,5 festgelegt. Wird diese Grenze unterschritten, gibt es 0 Punkte.
Dividendenkontinuität
Mit der "Dividendenkontinuität" wird die Anzahl der Jahre angegen, in denen die Dividende in Folge nicht gesenkt wurde. Die volle Punktzahl wird erreicht, wenn es ein Unternehmen schafft im oberen Quartil aller anderen Unternehmen im Bezug auf deren Dividendenkontinuität zu landen.
Es ist anzunehmen, dass ein Unternehmen kontinuierlich eine gleichbleibende Dividende zahlt. In diesem Fall würde das Unternehmen zwar in diesem Bewertungsfaktor volle Punktzahl bekommen, allerdings würde das der Faktor "Dividendenwachstum" wieder relativieren, da dieser in einer Bepunktung von 0 resultierte.
Im Gegensatz zu den anderen Faktoren, wird für die Berechnung des Scores für die Dividendenkontinuität eine gestauchte, negative Parabel als Funktion verwendet. Damit wird sichergestellt, dass niedrigere Jahreszahlen länger durch höhere Bepunktung belohnt werden.
Für diesen Faktor wurde keine Untergrenze definiert. Hat ein Unternehmen im vergangenen Jahr die Dividende gekürzt, heißt das 0 Jahre Dividendenkontinuität und somit eine Bepunktung von 0.
Risiko
Nicht nur der Ertrag auf der einen Seite wird durch das vorgestellte Bewertungskonzept berücksichtigt, sondern darüber hinaus wird auch der Risikofaktor Verschuldung als vierter Faktor mit einkalkuliert.
Verschuldungsdeckung
Hierbei wird der Frage nachgegangen, ob das Unternehmen in der Lage ist mit dem 4-fachen EBIT die momentane Nettoverschuldung zu decken. Oder anders ausgedrückt: Ist das Unternehmen in der Lage bei gleichbleibendem operativen Gewinn die derzeitigen Nettoschulden innerhalb von vier Jahren zu tilgen?
Dabei ist zu beachten, dass ein niedriger Score als Warnhinweis zu betrachten ist. Einige sehr kapitalintensive Unternehmen nutzen jedoch Fremdkapital als Hebel. Es liegt hier im Ermessen des Anlegers, wie dieser Score bewertet wird.
Fazit
Ziel dieses Artikels ist es Denkanstöße zur systematischen Analyse von Dividendentiteln zu geben. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Konzeption im Laufe der Zeit entwickelt und verbessert. Dafür sind konstruktive Kommentare sehr willkommen. Ebenfalls nicht auszuschließen ist, dass nach und nach Aktienanalysen nach dem vorgestellten Bewertungskonzept veröffentlicht werden.