RE: Neues Jahr, neuer Chat-Freund...? / New Year, new chat friend...?
Ich glaube, ziemlich viele Passagiere würden sich schon etwas unbehaglich fühlen, wenn sie in eine Maschine steigen müssten, in der kein Pilot mehr sitzt.
Das mit Sicherheit, weil Menschen dazu neigen, sich zu über- und alles andere zu unterschätzen.
Das subjektive Bauchgefühl der Passagiere sagt aber nichts über die tatsächliche statistische Wahrscheinlichkeit aus, mit der menschliche und maschinelle Piloten Fehler begehen.
Was du über Schachsoftware schreibst, gilt vor allem für konventionelle Schachprogramme, die mittels verschiedener selektiver Pruning-Mechanismen möglichst schnell in einen Suchbaum vordringen und dabei die einzelnen Knoten bewerten.
Die mittlerweile beste Schachsoftware, AlphaZero, basiert jedoch auf KI, welche allein durch Spielen gegen sich selbst Schach, Go und Shogi erlernte.
Am Ende schneidest du eine sowohl fast philosophische als auch heikle Fragestellung an. Zunächst einmal finde ich es - völlig unabhängig von unseren künstlichen Konkurrenten - immer wieder extrem erstaunlich, wie groß das Spektrum ist, innerhalb dessen Menschen ihre Gehirne benutzen. Bei vielen habe ich den Eindruck, dass ihr Brain fast ausschließlich darauf fokussiert ist, die Dinge des Alltags zu meistern, sozusagen die zum Überleben nötigen Mindestanforderungen zu erfüllen. Es fehlt an Bildung, Zeit sowie Interesse, sein Gehirn für anspruchsvollere Aufgaben zu nutzen. Andererseits entwickeln menschliche Gehirne Computer, Flugzeuge, Blockchaintechnologie, gentechnische Methoden und versuchen, quantenphysikalische Phänomene zu verstehen.
Ist diese gewaltig klaffende Lücke (und die Erforschung und Behebung ihrer Ursachen) nicht das viel größere Problem als die Frage, ob und wann künstliche Intelligenz uns im kognitiven Wettbewerb früher oder später schlagen wird (wovon ich, wie erwähnt, ausgehe)?
Das ist wohl wahr! Das zeigt sich ja auch in anderen Bereichen. Meist sind die subjektiven Wahrnehmungen ganz andere als die tatsächlich gemessenen/nachgewiesenen Verhältnisse. Das gleiche Phänomen hat uns einige Male bei der (gefühlten) Inflation ereilt... vielleicht nicht gerade in der aktuellen Phase, in der die Inflation tatsächlich einen hohen Stand erreicht hat.
Auch das stimmt. Mein Wissen ist diesbezüglich leider nicht mehr weiter aktualisiert worden. :-(
Mich fasziniert die KI-Programmierung total, allerdings habe ich nicht die Zeit, mich eingehend damit zu beschäftigen. In meinem damaligen Studium war das Thema leider noch nicht so aktuell.
Gerade heute las ich aber einen (Fach-)Artikel über unseren allseits beliebten ChatBot aus April 2022(!), in dem kurz angerissen wurde, wie er seine Texte "schreibt" und passende Wörter "findet". Das klingt ebenfalls sehr interessant, allerdings wäre man trotzdem nicht in der Lage eine solche zu programmieren...
Da sagst du was!
Ich will gar nicht behaupten, dass das Meistern der alltäglichen Routine nicht auch seine Herausforderungen hat. Aber machmal wundert es mich wirklich, womit manche Menschen so zufrieden (zu stellen) sind.
Andererseits sind natürlich auch die Gehirne der Menschen nicht alle gleich.. oder besser: Nicht alle Gehirne haben die gleichen anatomischen Voraussetzungen. Neulich las ich einen Artikel über Einsteins Gehirn. (Ach, wenn ich gewusst hätte, das ich das noch mal wiedergeben soll, hätte ich mir gemerkt, wo der Artikel stand. ;-)
Einsteins Gehirn hat man ja bekanntlich genauer untersucht, u. a. um herauszufinden, warum er so besondere Denkleistungen erbringen konnte (in seinen Gedankenexperimenten). Dabei hat man eben auch herausgefunden, dass bestimmte Bereich seines Gehirns deutlicher ausgeprägt bzw. aktiv gewesen sein müssen. Das hat man an lebenden Gehirnen wohl auch nachprüfen können. Menschen, die bestimmte besondere Hirnleistungen vollbringen können, haben eben in bestimmten Gehirnregionen eine höhere Aktivität. (Nagel mich jetzt nicht auf die korrekte Wiedergabe fest ;-) ).
Jedenfalls kann man dadurch doch nachvollziehen, dass manch Menschen mit einfachsten Tätigkeiten bereits eine anstregende Hirnleistung vollbringen, und insofern ihr Gehirn auch, soweit wie ihnen das möglich ist, ausnutzen (wobei wir jetzt mal außer Acht lassen, dass wir im Grunde alle unser Gehirn nur zu einem winzigen Teil wirklich ausnutzen). Ergo dürfte die Bandbreite - so faszinierend und manchmal auch irritierend wir es finden - eben doch ganz normal sein...
... und wenn wir das mal weiterspinnen, könnte eine noch spannendere Frage sein, ob diese unzweifelhaft klaffende Lücke nicht durch Technik (also künstliche Intelligenz) überwunden werden könnte?