Wo ist er nur, der ROTE FADEN meines Blogs?! - Der REDENSART auf der Spur

in #ganzwenigtext6 years ago (edited)

Der rote Faden scheint, wenn überhaupt je vorhanden gewesen, verloren, doch das ist mir schnuppe, denn ansonsten ist alles in Butter. Letztlich ist doch der springende Punkt, dass niemand dauerhaft Dasselbe in Grün lesen möchte, weshalb ich mich erneut forschend in @meluni's wunderbare Welt der Sprache begeben habe.

Der rote Faden

schlängelt sich durch Reden, Geschichten und Handlungen, er hält deren Sinn zusammen.

Im 18. Jahrhundert wurde bei der englischen Marine ein roter Faden in sämtliche Taue der königlichen Segelschiffe hinein geflochten, um diese als Eigentum der Marine zu kennzeichnen. Entfernt werden konnte der Faden nur durch Zerstörung der Taue. Zur Redewendung wurde diese schlaue Diebstahlsicherung durch keinen geringeren als Johann Wolfgang von Goethe, der das Tauwerk der englischen Flotte 1809 in "Wahlverwandtschaften" als Symbol für die immer wiederkehrenden Motive in den Tagebüchern der Protagonistin Ottilie nutzte.

Es ist mir Schnuppe!

ist als umgangssprachliche Redensart mit "Es ist mir egal!" gleichzusetzen und drückt die Gleichgültigkeit des Aussagenden gegenüber Gedanken, einer Begebenheit, einer Situation aus, die er für sich persönlich als geringfügig ausmacht.

Als Schnuppe bezeichnet man das verglühte, verkohlte Ende eines Kerzendochts. Dieses ist wertloser Abfall, nicht der Rede wert.
Auch die Sternschnuppe erhielt durch diesen Wortstamm ihren Namen, denn die wunscherfüllende Momentaufnahme ist nichts anderes als ein Gesteinsbrocken, der mit dem Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht.

Alles in Butter!

bedeutet, dass alles in Ordnung, neudeutsch okay, ist. Warum das Streichfett als Synonym für geregelte Zustände in allen Bereichen genutzt wird, ist nicht eindeutig geklärt.

Eine Theorie besagt, dass im Mittelalter wertvolle Gläser aus Mirano zum Transport über die Alpen in Fässer verpackt und mit flüssiger Butter übergossen wurden. Sollte auf holprigen Wegen ein Fass vom Karren fallen, waren die zerbrechlichen Waren durch das gefestigte Fett gut gepolstert. Die Gläser blieben unversehrt, der Handel ging in Ordnung.

Doch auch Folgendes wird überliefert:
Aufgrund der industriellen Herstellung von Margarine in Deutschland seit 1875 entstand zwischen den Streichfetten ein Konkurrenzkampf. Ein Berliner Gastwirt soll ein Schild mit der Aufschrift "Alles in Butter!" in sein Fenster gestellt haben, um auszudrücken, dass seine Angebote noch in guter Butter gebraten oder gekocht wurden, nicht in billiger Margarine.

Der springende Punkt

weist auf einen entscheidenden Sachverhalt, das Wesentliche, die Essenz einer Aussage hin.

Diese Redewendung hat seinen Ursprung in weit entfernter Vergangenheit. Der Grieche Aristoteles war nicht nur Philosoph, sondern u.a. auch Biologe. So beschäftigte er sich bereits 300 Jahre vor Christus mit der Entwicklung des Kükens im Hühnerei. Den ersten Beweis von Leben, den er als Bewegung im Dotter wahrnahm, beschrieb er als "springenden Punkt". Dieser war das winzige Herz des entstehenden Kükens.
Auch heute ist im Ultraschallbild das Herz eines Föten als erste Bewegung, als sich bewegender Punkt, zu erkennen.
Damit ist die Berechtigung der Redensart eindeutig indentifiziert, denn was gibt es Wichtigeres als ein schlagendes Herz?

Dasselbe in Grün

ruft man aus, wenn sich zwei Dinge nur unerheblich voneinander unterscheiden.

Nach dem Ersten Weltkrieg präsentierte der Automobilhersteller Opel 1924 als Fließband-Serienanfertigung seinen grünen "Opel Laubfrosch". Dieser erstmalig seriell hergestellte Kleinwagen war die exakte Kopie des "Citroen 5CV". Die Autos unterschieden sich nur in einem einzigen Merkmal, der Farbe.
Etwas früher wäre folgende Erklärung zu datieren:
In der humoristischen Wochenschrift "Fliegende Blätter" von 1903 wird eine Situation am Schalter der Bahn beschrieben. Damals waren die Fahrkarten für die erste (gelb), zweite (grün), dritte (braun) und vierte (grau) Klasse farbig markiert. Ein Berliner Kunde habe nach einem Kartenverkauf für die erste Klasse "Dasselbe in Jrün bitte!" geordert.
Wie auch immer hat sich die Aussage mit spöttischem Augenzwinkern bis heute als Redewendung durchgesetzt.

Ich flunkere euch nicht das Blaue vom Himmel, all das Wissen ist dem Internet entnommen, genau wie sämtliche Fotos mit CC0-Lizenz von pixabay.com. Hm, na gut, die Geschichten um den roten Faden und den springenden Punkt hatte ich auch vor der Erfindung des Internets parat - so wird ein Schuh draus ;-)

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29.06.2018


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Ich versteh nur Bahnhof! - eine redewendung, die selbst die wiki nicht aufklären kann. aber familienintern wurde mir erklärt, woher das kommt. im ersten weltkrieg wuchs bei den soldaten die sehnsucht, dem inferno zu entrinnen, indem sie nach hause fahren. mit dem zug war man gekommen und mit ihm ging es zurück. so entstand der ausspruch wohl aus eben diesem fakt und das die soldaten irgendwann nichts anderes mehr verstehen wollten, als endlich zum bahnhof zu dürfen. - vielen dank, liebe @chriddi. sehr interessant. lg

Das ist eine sehr spannende und total plausible Erklärung für "Ich versteh nur Bahnhof!", lieber @pawos. Ich werde mich auch nochmal auf die Suche begeben.
Auf jeden Fall aber vielen Dank für die Auseinandersetzung mit dem Artikel. Mir macht es immer unglaublich viel Spaß, den (sprachlichen) Gegebenheiten auf den Grund zu gehen. Es kommen so oft interessante und lustige Aha-Erlebnisse zustande.
LG, Chriddi

Lieber @pawos,
ich bin der Sache etwas näher gekommen. Der Duden verallgemeinert ein wenig, doch auch deine wunderbare Erklärung aus familieninternen Kreisen wird im Netz erwähnt. Besonders freut es mich, dass Hans Fallada in seinem Roman "Wer einmal aus dem Blechnapf fraß", der in meiner ursprünglichen Heimatstadt Neumünster entstand, die Sehnsucht nach dem Bahnhof erstmals literarisch erwähnte.
Ich denke, ich sollte die Thematik in einem Folgepost ansprechen, darin aus dem Nähkästchen plaudern.
LG, Chriddi

oh ja, das solltest du :-) ist also was dran, überlieferungen haben einen wahren kern.

Schön, endlich wieder #deutschdienstag. :)
Eine Redewendung fehlt mir jedoch.

Na?!

Schön, endlich wieder #deutschdienstag

Ich bin nur die sporadische Sommervertretung...

machst du gut :-)

Schön auf den Punkt gebracht. Auch ich hatte eine mir ein paar Themen vorgenommen aber irgendwie schweife ich in der letzten Zeit immer wieder gerne ab. Ich sehe das als eine Suche auf der ich mich immer wieder in steemit verlaufe was neues entdecke und Spaß habe.
Gruß Viktor

Steemit ist ein Experiment, wir experimentieren - solange der Spaß nicht ob des Steem-Kurses den Bach runter geht, ist alles in Butter!

#deutschdienstag am Freitag?

Wohl der rote Faden verloren gegangen.
Da beisst die Maus keinen Faden ab!

Uups, da ist mir wohl ein kleiner Fehler unterlaufen. Bin so in Schuljahresendstimmung, dass ich nicht mal mehr die Tage auseinander halten kann. Bitte hetz' mir nicht die Hashtagkontrolleure auf den Hals!

Ich notiere:

  • Da beißt die Maus keinen Faden ab.
  • Ich verstehe nur Bahnhof.
  • Das Blaue vom Himmel herunter lügen.
  • Es wird ein Schuh draus.
  • Aus dem Nähkästchen plaudern.

Gracias!

Lange vor der Tür, lange vor dem weißen Papier, geredet, gelesen und jede Menge versäumt. Viel von dem Versäumten lässt sich verkraften. Nein, alles lässt sich verkraften, zumal mir auch noch mit einiger Verspätung die Möglichkeit serviert wird ein paar Sätze zu deinem Beitrag beizusteuern.

Wie ich aus den Kommentaren herausfiltern kann, scheint es kein Mangel an weiteren Redewendungen zu geben. Grund genug für mich, lediglich auf dein Angebot einzugehen.

Der rote Faden, den Ottilie in ihre Einträge geflochten hat, wurde von Goethe selbst gekappt. Die Erklärung dafür (und das will ich ihm nicht verzeihen) schuldet er mir bis zum heutigen Tag.
Ich bin halt mehr der romantische Typ mit dem Hang zum Happy-End!

Die Schnuppe in ihrer Vergänglichkeit ist natürlich der Widerspruch in sich. Denn warum stecken wir so viel Hoffnung in den Wunsch, wenn wir der Schnuppe beim Verglühen zusehen?!

Alles in Butter war gestern. Bei den heutigen Preisen sucht man nach Alternativen. Trotzdem kommt die Redewendung vom Confieren.
Ein Ausflug zu Lea Linster lohnt sich alleine deswegen.

Der springende Punkt hat nichts mit Hühnern, Hamstern oder Angela Merkel zu tun. Der springende Punkt kommt aus dem Fußball.
Der Schiedsrichter deutet auf einen Punkt, von dem ein Freistoß ausgeführt werden soll. Augenzeugen werden bestätigen, wie oft dieser Punkt umherspringen kann.

Dasselbe in Grün kenne ich nur aus Diskussionen zwischen Otto Schilly und Jutta Ditfurth.
Aus beider Mund konntest du vernehmen: Dasselbe gibt es auch in Grün.
Lediglich bei den Inhalten tat man sich es etwas schwer.

Nur meine Meinung ...

Liebe Grüße
Wolfram

Vielen Dank für diese herrlichen Erweiterungen, lieber Wolfram.

Wir werden gemeinsam sicher ganz groß rauskommen, wenn wir ein dem Grimm'schen Wörterbuch ähnliches Werk herausbringen, in dem all diese Schlauigkeiten geordnet nachvollziehbar sind!

Die Sache mit dem Fußball war mir unbekannt. Wusste nicht, dass es einen Punkt für den Freistoß gibt. Vielmehr sah ich kürzlich den Elfmeterpunkt springen - "mein" Ronaldo sicher auch...

Das grüne Interview, dass du anbietest, stammt m.M. nach aus einer Zeit, wo die Grünen immerhin noch ausdrücken konnten, was sie wirklich wollen, selbst wenn die Umsetzbarkeit nicht immer berücksichtigt wurde.
Aber du verstehst, dass ich mich in meiner Position nicht politisch äußern kann und nur froh bin, der bei uns der gesamte kommunalpolitische Bereich vollständig ohne Parteibuch auskommt... ;-)

Liebe Grüße in den Süden,
Christiane

Sehr schön gemacht liebe @chriddi! Die deutsche Sprache ist schon spannend - naja, jede Sprache ist das wohl. Super interessant, amüsant und gewan(d)t ;-) Danke!

Danke :-)))
Der nächste Teil ist schon in Planung ;-)

Schöner und unterhaltsamer Artikel, danke.

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Weder, noch. Beides nicht meine feine Art.

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