Meine Reise in die Freiheit – 35 Jahre Mauerfall
Der Abend des 9. November 1989 – ein Datum, das die Welt veränderte. Eigentlich war es nur eine Pressekonferenz, doch Günter Schabowskis Worte, insbesondere sein berühmter Versprecher über die sofortige Gültigkeit der neuen Reiseregelungen, setzten etwas in Gang, das niemand hätte erahnen können: Die Mauer, dieses Symbol der Teilung und Unfreiheit, fiel. Noch am selben Abend strömten die Menschen zu den Grenzübergängen – und plötzlich war der Weg in den Westen frei.
An diesem Wochenende (10.-12. November 1989) hatten wir zufällig Besuch von Bekannten meiner Schwiegereltern aus Westberlin. Inmitten dieser historischen Ereignisse, die wir gemeinsam mit Freude und Staunen wahrnahmen, boten sie mir an, am Sonntag mit ihnen zurück nach Westberlin zu fahren. Sie sagten, ich könne bei ihnen auf der Couch übernachten. Dieses Angebot nahm ich dankbar an – es war meine Chance, diese neu gewonnene Freiheit direkt zu erleben. Meine Frau hingegen konnte oder traute sich nicht mitzukommen. Unsere kleine Tochter war gerade erst zwei Monate alt, die große gerade einmal zweieinhalb Jahre. So blieb sie mit den Kindern zu Hause, während ich mich auf diese ungewöhnliche Reise begab.
Am Sonntag, den 12. November, brachen wir gemeinsam auf. Es war ein unvergessliches Gefühl, im Auto zu sitzen, die Grenze nach Westberlin zu überqueren – eine Stadt, die bis dahin wie eine andere Welt gewesen war. Am nächsten Morgen, am Montag, holte ich mein Begrüßungsgeld ab. Ich nutzte die Gelegenheit, um für meine Familie einzukaufen, und erinnere mich noch genau daran, wie ich über den Kurfürstendamm spazierte und im berühmten KaDeWe war. Es war überwältigend: die vielen Waren, die Atmosphäre, diese Freiheit, einfach zu kaufen, was man wollte. Für meine beiden kleinen Mädchen und mich suchte ich eine riesige Packung Matchbox-Autos mit 30 Stück aus – und natürlich durfte auch eine Auswahl an Süßigkeiten nicht fehlen.
Am Montagabend machte ich mich auf den Heimweg. Mit dem Zug über Riesa nach Chemnitz. Beladen mit Einkäufen und tief beeindruckt von den Erlebnissen, suchte ich am Bahnhof einen Fahrkartenschalter. Doch die Schlangen waren endlos, und es ging einfach nicht voran. Gerade als ich überlegte, ob ich es riskieren sollte, wurde mein Zug ausgerufen – Abfahrt in fünf Minuten. So blieb mir nichts anderes übrig, als zum Bahnsteig zu eilen, ohne eine Fahrkarte gekauft zu. Der Zug war rammelvoll, Menschen standen eng an eng, wie dir Sardinen in der Dose. Es gab keinen Platz, um sich zu bewegen. Es war das erste – und einzige – Mal in meinem Leben, dass ich schwarz gefahren bin. Aber an diesem Tag war das nebensächlich. Niemand kümmerte sich um solche Formalitäten, und ein Schaffner hätte ohnehin keine Chance gehabt, sich durch die Menschenmassen zu quälen.
Wenn ich heute zurückblicke, fühle ich noch immer die Emotionen jener Tage: die Freude, die Freiheit und die überwältigende Hoffnung auf eine neue Zukunft. Der Mauerfall war nicht nur das Ende einer Zeit der Teilung, sondern auch der Anfang eines Lebens, in dem Träume von Freiheit wahr wurden – für mich, für meine Familie und für ein ganzes Land.
Mit freiheitlichen Grüßen,
euer @germansailor
Schabowskis Versprecher führt zum Mauerfall.
Pressekonferenz am 9. November 1989 | Ende der DDR auf Youtube.
Wunderbar, dass es so gekommen ist. Und auch wenn heute nicht alles Gold ist, was glänzt, bin ich doch unendlich froh, dass die Mauer gefallen, Deutschland wieder ein Land wurde, und wir heute Freiheiten genießen dürfen, von denen die Menschen in Ostdeutschland von 40 oder 50 Jahren schon gar nicht mehr zu träumen wagten.
Ich wünsche dir und den deinen weiterhin alles Gute. Ich hoffe, das Leben ist weiterhin gütig zu euch!
Besten Dank. Wie recht du hast. Ganz besonders freue ich mich, das meine Kinder ohne die Indoktrinierung des sozialistisch - diktatorischen Systems in Freiheit aufwachsen und sich frei entfalten konnten.
Auch dir wünsche ich alles Gute im Land der aufgehenden Sonne.
vielen Dank! May the force be with us :)
Eigentlich ein Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Natürlich kann ich mit Ihnen mitfühlen.
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