Michelin Power RS+ Motorradreifen Test und Vergleich mit dem älteren Michelin Pilot Power 2CT

Moin moin, nach längerer Pause bin ich nun wieder aktiv!

Und weil ich auf meinem Motorrad hinten den nagelneuen Michelin Power RS+ drauf habe und man nix wissenswertes im Netz über den neuen findet, wollte ich mal meine Erfahrungen teilen.

Der Michelin Power RS+ ist erst seit Januar auf dem Markt, vorher gab es nur den RS, der noch sportlicher ausgelegt ist. Für vorne gibts weiterhin nur den RS ohne Plus.

Mein RS+ ist einer mit 180er Breite. Gefahren wird er von mir mit einer CBR 1100 XX von Honda. Das ist ein Sporttourer mit 160 Pferdestärken und 125 Nm Drehmoment. Der Reifen muss also ganz schön was wegstecken können.

Zum besseren Verständnis: Die CBR 1100 XX Super Blackbird ist schon ein etwas älterer Brummer aus den neunzigern und war einmal das schnellste Serienmotorrad der Welt (bis die Hayabusa kam). Trotz der Leistung gibts keine elektronischen Fahrhilfen. Also keine Traktionskontrolle, keine Wheelie-Control und keine Launch Control. Alles liegt zu 100% in der Hand des Fahrers.

Viele CBR 1100 XX Fahrer schwören ja auf Tourenreifen, aber wenn man öfter mal hart angast und die Kurven etwas schneller nimmt, finde ich einen Sportreifen wie den RS+ vertrauenswürdiger.

Ich mache hier auch noch einen kleinen Vergleich mit dem älteren Michelin Pilot Power 2 CT der schon seit 2007 auf dem Markt ist. Den hatte ich vorher drauf und er zählt immer noch zu den beliebtesten Sportreifen von Michelin.

Vorne habe ich übrigens den Michelin Pilot Power 3 drauf.

Bevor ich wieder viel zu viel schreibe und Ihr schnell wegklickt hier mein Test:

Vorweg muss ich gleich gestehen, dass ich vom neuen RS+ begeistert bin. Es ist mit Abstand der beste Reifen den ich je gefahren bin.

Gleich am Anfang, als der Reifen neu war bin ich in starken Regen gekommen. Bei 160 PS ohne Fahrhilfen ist es ab und an passiert, dass der alte PiPo 2CT (Pilot Power 2CT) recht schnell ins rutschen geraten ist, das ist mir sogar schon in einer Kurve ohne Gas zu geben passiert. Von dem alten Reifen im Regen war ich überhaupt nicht begeistert.

Ganz anders beim Power RS+. Trotz der doch sehr sportlichen Optik hatte der Reifen von Anfang an perfekten Grip bei Nässe. Kurven habe ich bis zum seitlichen Ende des Profils genommen, und zwar ganz ohne Grip Probleme (das sollten etwa 30-35 Grad Schräglage gewesen sein). Das wäre mit dem PiPo 2CT undenkbar gewesen. Nur stärkeres angasen bei Nässe bei höheren Geschwindigkeiten (+ 90 Km/h) habe ich mit dem RS+ noch nicht probiert. Das hatte der PiPo 2CT nie mitgemacht, der verlor da sofort seinen Grip, auch auf der Geraden. Ob der RS+ das mitmacht wird sich noch zeigen.

Jedenfalls vom Nassgrip bin ich begeistert. Der neue RS+ hat übrigens rundum eine Silika Mischung. Der Vorgänger RS hatte zumindest hinten an den Seiten eine Russmischung. Die Nasshaftung soll gegenüber dem Vorgänger RS deutlich verbessert worden sein.

Nun zum Trockengrip und Laufleistung: Der Power RS+ hat 5mm Profiltiefe. Er sollte Schätzungsweise 4500 km halten. Das kommt aber auch sehr stark auf die Fahrweise an.

Gleich vorweg nehmen kann ich auch hier: Der RS+ hat im trockenen eigentlich immer Haftung ohne Ende, sogar mehr als mein Motorrad Schräglage zulässt.

Das kann ich bestätigen, weil ich mir in links Kurven schon mit dem Motordeckel das Vorderrad ausgehebelt habe und dadurch fast gestürzt wäre und rechts hatte die Verkleidung im unteren Bereich der CBR XX unschönen Kontakt mit der Strasse. Da hatte ich es ein wenig mit Schräglage übertrieben und habe mir dadurch die Verkleidung zum Teil am Asphalt weg gescheuert. Jetzt darf ich mich an den Schleifspuren an der Verkleidung erfreuen. Wenigstens wollte die Verkleidung nicht das Vorderrad aushebeln, das ist auch schon viel wert.

Den Power RS+ haben dieses Schräglagen sichtlich wenig beeindruckt. Der hätte noch viel mehr gekonnt. Lediglich die Flanken sind ein wenig aufgerissen, was aber bei schneller Fahrt in Schräglage durchaus normal ist und angeblich sogar den Grip erhöhen soll, da die Mikro und Makroverzahnung mit dem Asphalt dann optimal ist.

Der Reifen hat selbst bei Kälte exzellenten Grip, auch wenn er noch nicht richtig warm ist. Auf Betriebstemperatur ist er freilich perfekt. Da kann man sich ohne Hemmungen in die Kurve werfen.

Allerdings darf ich sagen, dass auch der PiPo 2CT im trockenen sehr gut ist. Er ist zwar etwas kippeliger als der RS+ und hat eine höhere Geräuschkulisse aber er funktioniert im trockenen auch top. Lediglich bei starker Schräglage braucht man etwas Kraft um den PiPo 2CT und das Motorrad richtig tief bzw. schräg zu bekommen. Dann neigt der Pipo 2CT übrigens auch zum berühmten schmieren, was seinen Grenzbereich ankündigt.

Ganz anders der RS+. Er lässt sich mühelos in maximale Schräglage bringen. Kippeligkeit? Das kennt der RS+ gar nicht. Ohne grossartige Korrekturen kann man jede Kurve nehmen. Er fühlt sich nicht nur sehr rund an, er ist es auch. Das sieht man schon mit dem blossen Auge. Der PiPo 2CT ist meiner Meinung nach etwas spitzer aufgebaut.

Eine 2 Komponenten Mischung hat der RS+ natürlich auch. Diese ist in der Mitte etwas härter für mehr Laufleistung und aussen etwas weicher für mehr Kurvengrip.

Im Vergleich zum Vorgänger RS soll der RS+ wieder etwas mehr Komfort bieten. Die Karkasse ist beim RS+ weicher als beim RS.

Die Eigendämpfung des RS+ ist eine Wucht. Als hätte man neue Federn oder gleich ein komplett besseres Fahrwerk eingebaut. Man spürt Unebenheiten in der Strasse kaum. Im Vergleich zum PiPo 2CT oder auch zum Pilot Power 3, der sehr hart ist, ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Das merkt man sogar schon wenn man einen Bordstein hoch fährt. Der Pilot Power 3, den ich vorne drauf habe knallt richtig ins Gemüt, beim RS+ merkt man die Bordsteinkante kaum. Das ist eine Wohltat für den Rücken.

Auch hohe Geschwindigkeiten von knapp 300 Km/h sind kein Problem mit dem RS+. Sogar Autobahn-Kurven bei 280 Sachen sind kein Problem, solange man nicht vor Angst dabei stirbt. Allerdings schaffen solche Kleinigkeiten auch ältere Modelle wie der PiPo 2CT.

Bei schnellerer Landstrassenhatz bleibt der RS+ immer stabil, lediglich in schnellen Kurven bei sehr hoher Schräglage merkt man wie das Hinterrad etwas leicht wird und ab und an versucht sich etwas raus zu drehen, hauptsächlich jedoch wenn man ans Gas geht. Das ist in etwa so wie man es von Motorrad Rennen kennt, wo die Maschinen beim Gas aufdrehen manchmal mächtig hinten raus gehen und Gummi auf dem Asphalt lassen, nur natürlich bei weitem nicht so extrem.

Der Rs+ soll Schräglagen von über 50 Grad meistern. Wenn man bedenkt das die wenigsten Strassenmaschinen über 45 Grad schaffen können, ist das ein Spitzen Wert.

Der RS+ hat natürlich, wie einige andere Michelin Modelle auch, einen Schräglagenanzeiger, an dem man ablesen kann wie weit im Vergleich man in der Kurve gegangen ist. Ablesbar ist das durch 3 Striche an den Seiten neben dem Michelin Männchen. Allerdings ist es so, dass wenn man gerade so an den Rand des Reifens kommt und der verhasste Angststreifen verschwindet, noch lange nicht die maximal mögliche Schräglage des Reifens erreicht ist, da geht noch viel mehr. Das habe ich selbst schon bemerkt.

Ich glaube auch, dass gelegentliche Rennstrecken Ausflüge mit dem RS+ kein Problem sind. Übertreiben sollte man es allerdings nicht, da der Reifen schon auf der Strasse schnell warm wird und auf der Renne leicht überhitzen kann. Und dann kann man ihn wegwerfen. Daher am besten nach jeder Runde Nordschleife ein Päuschen zum abkühlen einplanen :-)

Beim testen des Grips des RS+ ist mir sofort aufgefallen, dass wenn ich mit meiner Maschine im ersten voll aufdrehe (der erste Gang geht bis etwa 120 Km/h), viel früher Grip aufgebaut ist als mit dem seit 12 Jahren verkauften PiPo 2 CT.

Das ist mir aufgefallen, weil bei Vollgasorgien ab Stand oder Schrittgeschwindigkeit der Pipo 2CT relativ stark durchdreht und das Motorrad erst ab ca. 70 Km/h anfängt einen Wheelie zu machen, vorausgesetzt man lehnt sich nach vorne, weil man eigentlich einen Wheelie vermeiden möchte und optimal beschleunigen will. Beim RS+ beginnt das Motorrad schon bei 50 Km/h mit dem ungewollten Wheelie und man muss etwas vom Gas. Das will vom Grip Niveau her schon etwas heissen.

Das hört sich jetzt natürlich alles sehr schlimm an, als würde ich den ganzen Tag nur Vollgas geben. Aber um die Grenzen eines so guten Reifens auszutesten braucht es schon etwas mehr von allem.

Mein Fazit: Für sportliche und sehr sportliche Alltagsfahrer, die nur selten aber dann erfreut die Rennstrecke sehen, ein optimaler Reifen. Grundsätzlich wäre der RS+ durch seine Top Dämpfung auch für lange Touren geeignet, durch die geringe Laufleistung, welche der Performance geschuldet ist, kann man ihn dafür aber nur bedingt gebrauchen.

Wer sowieso nur gemütlich unterwegs ist, kann sich den Reifen ebenfalls getrost sparen, da deutlich billigere Modelle oder Tourenreifen mit der doppelten Laufleistung dann auch locker ausreichen.

Dennoch: Die 12 Jahre Entwicklungszeit zwischen dem PiPo 2CT und dem RS+ merkt man mehr als deutlich. Mein nächster Reifen wird mit Sicherheit ein RS+ bzw. für vorne ein RS.

PS: Zwischen dem getesteten Pilot Power 2CT und dem Power RS+ liegen mehrere Generationen, nämlich der Power Pure als Nachfolger des PiPo 2 CT, dann der Pilot Power 3 (war übrigens Testsieger vieler Motorradzeitschriften 2014) und der RS. Der RS ist wie bereits geschrieben für vorne noch aktuell, für hinten jedoch ist der RS+ der neueste.

Ich hoffe, ich konnte ein paar Steemianern und auch Bikern ausserhalb von Steemit mit meiner Einschätzung helfen. Ansonsten findet man aktuell eigentlich nur ein Youtube Video vom aktuellen RS+, das von einem Reifenhändler eingestellt wurde, das ich aber selbst hilfreich fand, bei meiner Kaufentscheidung.