Entscheidungsschlacht um Kirkuk
YPG-Kämpferinnen. Foto: Free Kurdistan, CC BY 2.0, Wikimedia Commons
Die Kurden sind das weltweit größte Volk ohne eigenen Staat. Mittlerweile existieren zwar zwei Autonomiegebiete im Norden Syriens und im Irak – doch eine Unabhängigkeit wollen die mächtigen Nachbarn nicht zulassen.
von Sven Reuth
Der Dämon Sohak, ein Drache mit drei Augen und sechs Köpfen, musste täglich mit zwei Kinderhirnen gefüttert werden, um seinen Zorn zu besänftigten. Doch die gequälten Untertanen kamen auf die Idee, dem Tyrannen Schafshirne vorzusetzen. Nicht immer aber gelang die Täuschung. Als die Schergen des Ungeheuers zu dem Schmied Kaveh kamen, der schon acht seiner neun Kinder verloren hatte, band dieser seine Lederschürze ab, befestigte sie als Fahne an einer Stange und rief die Bauern seines Landes zum Kampf gegen das Ungeheuer auf. Gemeinsam stürmte man den Palast des Zwingherrn, und Kaveh erschlug Sohak mit seinem Hammer. Die geretteten Kinder wurden in die Berge gebracht, «wo sie den Anfang des kurdischen Volkes bildeten».
So lautet der Ursprungsmythos der kurdischen Nation. Laut Überlieferung soll sich der Kampf des Schmieds am 21. März 612 vor Christus zugetragen haben – und bis heute feiern die Kurden an diesem Tag ihr Neujahrsfest Newroz. Der Feiertag fällt genau auf die Tag-und-Nacht-Gleiche des Frühjahrs, die im astronomisch-solaren iranischen Kalender eine große Rolle spielt – ein Beleg für die indogermanischen Einflüsse auf die Kultur und das Brauchtum der Kurden.
In der Geschichte von Kaveh spiegelt sich viel vom Unglück und der Größe dieses Volkes wider, das bis heute einen Kampf um seine Freiheit führt. Obwohl die Aufteilung des eigenen Siedlungsgebietes zwischen Osmanen und Persern schon im 17. Jahrhundert begann, gab man die Idee der Einheit nie auf. Oft erschien die Gründung eines eigenen Staates zum Greifen nahe, doch Aufstände gegen die britischen, türkischen oder irakischen Besatzer endeten in trügerischen Pyrrhussiegen, die von kurzer Dauer waren, da sie von der Gunst launischer und mächtiger Bundesgenossen abhingen. Und so leben die Kurden noch immer als ethnische Minderheit in fünf Staaten: in der Türkei, im Irak, in Syrien, im Iran und in Aserbaidschan.
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