"Ich bin Diaspra"//(42) Kapitel 5: Teil 6
Ich saß schweigend auf dem Bett und blickte zwischen beiden hin und her.
„Schauen Sie sich dieses Ding an, aber seien Sie besser vorsichtig.“ Forderte er und wies auffordernd auf das am Boden liegende Armband.
Levayes schien nicht zu verstehen, deshalb wiederholte er die Anweisung.
„Schauen Sie sich die Innenseite ganz in Ruhe an, möglicherweise fällt Ihnen etwas daran auf.“
Sie bückte sich, nahm das Edae vorsichtig in die Hände und drehte es zwischen den Fingern. Dann schleuderte sie es erschrocken weg.
Ich beobachtete die unwirkliche Szene verwundert. Das Edae schlitterte ein Stück weit über den Fußboden und kam erst kurz vor der Wand zum stehen.
Was sollte das?
„Nun? Verstehen Sie weshalb ich Zweifel hege?“
Balthazareon nahm das Gerät von der Ablage und gab es Levayes zurück. „Das hier geht in Ordnung, der Bordcomputer hat es gescannt.“
Er betrachtete das im Zimmer liegende Edae. „Dieses hingegen...“
Die Ynaer'i Frau war sichtlich schockiert und sah Balthazareon mit aufgerissenen Augen an.
„Das ist Hochverrat!“
„Korrekt.“ Balthazareon nickte.
„Begangen von einem Mitglied Ihrer Delegation. Ich weiß nicht wie Sie das sehen, doch für mich ist die Situation eindeutig. Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder Sie alle sind an diesem Komplott beteiligt, dies erscheint mir jedoch unwahrscheinlich.“
Er hob die Hand und stelle die Finger beim Zählen auf.
„Zwei: Nathaniel schickt seiner Schwester ein Geschenk der besonderen Art. Auch das ist abwegig. Bleibt Option drei: Nathaniels Besatzung wurde von Rebellen unterwandert.“
Er machte eine Pause um das gesagte sacken zu lassen und sah uns ernst an. „Ich vermute Letzteres. Ich kenne Nathaniel gut, diese Sache trägt jemand anderen Handschrift.“
Er lief zu der Stelle an der das Edae lag, nahm es auf und trug es zu mir.
„Diaspra, damit du verstehst weshalb ich vorhin so vehement dagegen war, dass du es um legst.“ Mit spitzen Fingern drehte er die Innenseite des Armbands nach außen und hielt es mir hin.
Nun sah ich was Levayes so erschreckt hatte. Spitze, nahezu unsichtbare winzige Dornen standen wie Widerhaken von der Innenseite ab.
„Fass sie nicht an!“ Zischte er eindringlich. „Hättest du es dir um machen lassen, wärst du jetzt tot. Das sind Dornen der Ygrath-Pflanze. Sie zählt zu den giftigsten Gewächsen des Caenyus-Systems und ist zum Glück sehr selten.“
Ich erschauderte und die Härchen an meinen Armen stellten sich auf. Meine Gedanken routierten, warum sollte mir jemand ein vergiftetes Edae geben?
Den Sicherheitsoffizier der es mitgebracht hatte kannte ich gar nicht, wir hatten uns nie zuvor gesehen. Weshalb sollte er versuchen mich umzubringen?
Ich erinnerte mich daran, dass er zuvor seltsam nervös wirkte und den Blick nur schwer von dem Edae lösen konnte, nachdem Balthazareon es ihm abgenommen hatte. War das tatsächlich ein versuchter Anschlag?
Wie hatte Balthazareon es so schnell erkannt?
Mir waren die kleinen Erhebungen nur bei ganz genauem Hinsehen aufgefallen.
Levayes schüttelte den Kopf und raunte. „In unserer Mitte... Das ist ungeheuerlich.“
Balthazareon ging zur Tür die zu seinem Arbeitszimmer führte.
„Ich denke, Sie kommen zurecht. Ich sehe nach dem Rest.“ Damit verschwand er und ich konnte einen kurzen Blick auf die drei anderen Ynaer'i erhaschen, die noch immer am Runden Tisch saßen und warteten.
Nach wie vor sichtlich nervös starrte der Sicherheitsoffizier in unsere Richtung, fummelte umständlich an seiner Kleidung herum und tat furchtbar beschäftigt.
„Ynaer'i cev yenaex imav!“
Balthazareon stand im Eingang und hob die Hand zum Gruß. Es wunderte mich, dass er eine so formelle Form des Asgeanischen nutzte um die Delegation offiziell in Empfang zu nehmen.
Nathaniel hatte mir bei einem unserer Abendessen ein paar Worte Asgeanisch beigebracht und mir erklärt, worauf man bei den unterschiedlichen Begrüßungsarten achten musste und wann diese Einsatz fanden.
Dabei hatten wir uns aber nur über Gesprächssituationen der Ynaer'i untereinander unterhalten. Wie es sich verhielt wenn verschiedene Spezies miteinander sprachen, wusste ich nicht.
Offensichtlich sprachen auch die Xeadnar Zentralasgeanisch und verwendeten typische Ynaer'i-Floskeln.
Sobald es sich ergab sollte ich mir das noch einmal genauer erklären lassen, andernfalls stände ich auf Asgeanus wohl etwas hilflos da.
Levayes riss mich aus meinen Gedanken.
„Prinzessin, wenn Sie gestatten machen wir kurz weiter, anschließend habe ich noch eine Nachricht von Prinz Nathaniel, die ich Ihnen in einer ruhigen Minuten überbringen soll.“
Ihr Blick wanderte zur mittlerweile geschlossenen Tür. „Ohne Mithörer.“
Verschwörerisch sah sie mich an, dann nahm sie den seltsamen Gegenstand und bat mich, ihr meine Hand zu geben.
Ich kam ihrer Anweisung zögernd nach und beäugte das Ding in kritisch. „Keine Sorge Prinzessin, es tut kaum weh und geht sehr schnell.“
Offenbar traute Balthazareon ihr, weshalb sollte ich es also nicht machen? Dennoch hielt ich ihr meine Hand eher widerwillig hin und schaute betont gelassen zur Seite. Ich war bei solchen Dingen ein wenig empfindlich.
Zwar war mir dieser Umstand unangenehm, aber ändern konnte ich es nicht, deshalb hoffte ich einfach, dass es ihr nicht auffiel.
Sie nahm meine Hand, drehte meine Handfläche nach oben und für einen kurzen Moment spürte ich das kühle schmale Metall an meinem Handgelenk.
Gleich danach zuckte ich heftig zusammen und ein erschrockenes Quieken entfuhr mir. „Aua!“
Es fühlte sich an, als hätte mich an einem Tacker gestochen. Ich erinnerte mich daran, wie ich als kleines Mädchen Ohrlöcher bekommen hatte.
Damals habe ich wochenlang gequengelt und gebettelt um letztendlich heulend mit schmerzenden Ohren im Schmuckgeschäft zu sitzen.
Bereut hatte ich es allerdings nie, die Löcher hatte ich bis heute. Meine Eltern jedoch hatten damals einiges ertragen müssen.
Mittlerweile konnte ich mich glücklicherweise besser beherrschen, auch wenn die Stelle wirklich stark brannte. Gerade als ich dem Impuls, mir mein schmerzendes Handgelenk zu reiben, nachgeben wollte, klebte Levayes mir ein großes Pflaster über die beiden kaum zu sehenden Einstichsstellen.
„Schon erledigt.“ Meinte sie aufmunternd und gab mir eine kleine Karte, ähnlich wie ich sie bereits von der Erde kannte. „Das ist von Nathaniel, den Inhalt kenne ich nicht, aber Sie können es an jedem Gerät mit VMT-Anschluss auslesen. Zudem haftet es auf glatten Oberflächen.“
Sie zwinkerte mir zu und gerade noch rechtzeitig schob ich es an der Bettkante hinunter, bevor sich die Tür zum Nebenraum öffnete und Balthazareon, gefolgt von der Delegation, eintrat.
Tatsächlich blieb es nahezu unsichtbar hängen.
Nice
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