Warum Authentizität für mich alternativ-los ist!
Viele von euch drücken immer wieder ihr Erstaunen und ihre Bewunderung für meine Offenheit aus. Ich möchte euch heute meine Beweggründe dazu etwas näher bringen.
Als ich geboren wurde, kam ich in eine Familie, in der niemand niemandem traute.
Jeder hatte Angst, nicht gesehen zu werden, zu kurz zu kommen und Verletzungen durch die anderen zu erfahren. Also waren alle nach außen verhärtet, gefühlsarm und schnell auf Angriff und Verteidigung eingestellt.
Für mich war es schwer, mein Umfeld zu verstehen, und es gelang mir nicht, die Bedürfnisse anderer Menschen zu erfassen. Wie hätte ich es lernen sollen, wenn jeder so sehr darauf achtete, nichts nach außen zu tragen?
Später sagte man mir dann, das Unvermögen, sich in andere Menschen hinein zu versetzen, nenne man in meinem Fall Asperger-Autismus. Noch heute habe ich größere Schwierigkeit, zuverlässig einzuschätzen, was mein Verhalten bei anderen auslöst oder zu erkennen, was andere für Bedürfnisse haben. Natürlich hat das in einem gewissen Ausmaß jeder Mensch, keine Frage. Bei mir ist es aber doch schon auffälliger, obwohl ich mir sehr viel Mühe gebe, es mit meinem Verstand und meinem psychologischen Grundwissen zu kompensieren.
Meine Suche nach der Menschlichkeit
Vor einigen Jahren begann ich, offener mit meiner Familie über meine Gedanken und Gefühle zu sprechen und von ihnen einzufordern, sich auch mir zu zeigen. Ich wollte verstehen, warum man in meiner Familie so abwertend miteinander umgeht und sich gegenseitig nicht stärkt, sondern bricht. Warum um Himmelswillen machten wir uns 10 lange Jahre das Leben so schwer. Jeder von uns litt, fühlte sich ungeliebt und wertlos. Jeder war seelisch im Überlebensmodus und dass ausgerechnet dort, wo wir eigentlich geschützt sein sollten. In diesen Gesprächen stellte ich fest, dass wir alle denselben Wunsch hatten.
Inzwischen ist mir aufgegangen, dass dieser Wunsch jedem Menschen innewohnt.
Wir alle wollen geliebt, gesehen und geachtet werden, so wie wir sind und für dass, was wir sind.
Aber wieso hat das niemand gesagt?
Ich mein, ich war ein Kind, ich tat nur, was meine Eltern mir vorlebten und passte mich an mein Umfeld an. Aber wieso haben sie niemals offen über ihre Ängste und Bedürfnisse gesprochen, warum haben sie sich nie damit gezeigt?
Es wäre doch so einfach gewesen, es braucht so wenig Worte um Nähe zu erzeugen, nur ein bisschen Mut.
So richtig verstehen, kann ich das bis heute nicht. Ich denke, viele Menschen denken, wenn sie sich verletzlich zeigen, werden sie verletzt.
Meiner bescheidenen Meinung nach, ist dass aber ein Trugschluss. In den Erfahrungen die ich seit 2 Jahren mit dem Thema gemacht habe zeigte sich, das Gegenteil ist der Fall.
Wenn ich mich authentisch zeige, dann scheinen die Menschen die mich sehen, eher bemüht, rücksichtsvoll und empatisch mit mir umzugehen. Mir selber geht es genauso. Wenn sich jemand Scheiße verhält, ich aber verstehe, was die kindliche Ursache dafür ist, kann ich großzügiger und liebevoller mit dem negativen Verhalten umgehen. Wenn wir uns öffnen, schaffen wir den Raum, uns miteinander zu verbinden und unsere Empathie zu stärken und dass tut uns Menschen einfach gut.
Immerhin tun Menschen dann die schlimmsten Dinge, wenn ihnen die emotionale Nähe zum Gegenüber fehlt. Psychopathen sind nicht in der Lage, diese sensible Bindung aufzubauen und sie sind zu Grausamkeiten fähig, die sich ein dahingehend gesunder Mensch, gar nicht ausdenken kann.
Ich habe für mich verstanden, dass Authentizität eine Stärke von uns Menschen ist. Dass wir anderen schildern können, was wir unter unserer Haut erleben, verborgen im Schatten unserer Seele, ist ein Geschenk. Wenn wir es mit der Welt teilen, schaffen wir etwas Besonderes.
Jeder Mensch, der mir sagen kann, was in ihm vorgeht, ist für mich eine große Hilfe, mein Wirken in der Welt besser zu begreifen. Ich weiß, dass meine Offenheit mich nicht schwach macht, sie macht mich stark. Ich fühle mich dadurch kein Stück verletzlich oder angreifbar, sondern verbunden mit mir selber und in Beziehung mit der Welt.
Ein Großteil unserer zwischenmenschlichen Probleme rührt daher, dass keiner dem anderen das Innere zeigen will. Ich möchte das verändern. Ich will zeigen, wie stark man sein kann, wenn man sich authentisch zeigt und wie viel man damit anderen Menschen gibt.
Hätten meine Blutsverwandten einander gezeigt, wie sehr sich jeder Einzelne nach der Liebe des anderen sehnt, wären wir sicher nicht so hasserfüllt miteinander umgegangen und hätten uns viele Jahre des Leidens erspart.
Ich habe mir selber als kleines Kind ein Versprechen gegeben.
Wenn ich erwachsen bin, werde ich niemals wegsehen. Ich werde stark sein und mutig, respektvoll und gütig und ich werde anderen die Hand reichen. Ich werde ein Mann sein, der hinsieht und ein Licht ist, in der Dunkelheit der Welt.
Und ein Teil dieses Versprechens an mich selber erfülle ich. Indem ich mich zeige, ohne Furcht und so liebevoll für mich selber und andere, wie ich kann.
Ich bin noch lange nicht an dem Punkt, meinem vier Jährigen Ich zu sagen, läuft, Versprechen erfüllt, aber ich bin auf dem Weg.
Boah wie recht du hast!!!!:-********
Schön das du mit deinem Artikel auch solche Erfahrungen machen durftet Liebes <3
Ich nehme an, wenn man authentisch ist und Verletzlichkeit zeigt, dann sind mehr Leute bereit da mit zu ziehen und nehmen das als Vorbild. Uns wird ständig eingebläut, dass wir keine Schwächen zeigen dürfen. Wenn dann jemand kommt, der es doch macht, dann denken einige sicher "wenn der das macht, dann kann ich auch" oder "wenn der das macht ist das ja nur halb so peinlich" oder ähnliches.
Du wirst aber sicher auch auf Leute treffen, die diese Verletzlichkeit ausnutzen und versuchen ihr eigenes Ego damit zu pushen.
Ja definitiv, aber auf die triffst du sowieso :)
Man gefällt ja auch nie allen, egal was man tut oder wie. Von daher gehört dass einfach dazu und ich teile nichts, womit ich mich verletzbar fühle.
Wow, ein echt schöner Blog. Authentisch sein ist auch bei mir ein großes Thema. Ich wuchs in einer Umgebung auf, der von Dogmen und großem gesellschaftlichem Druck geprägt war. Um dazuzugehören, musste ich mich konform verhalten. Ich war jahrelang ein Mitläufer und es kotzte mich sowas von an. Bis ich mich mit ca. 25 Jahren aus dem Umfeld zurückzog... da wurde ich langsam freier. Übrigens, du bist abonniert ;-)
Oh wie schön.
Freut mich, dass du mehr zu dir selber gefunden hast :)
Es wäre im Grunde genommen so einfach aber und da sieht man wieder das Unvermögen kleinste Dinge anzusprechen und einzufordern. Ich glaube wie du es gesagt hast, dies steckt bei uns allen drin und die einen gehen damit offener um als die anderen, Ich denke aber so Geschichten passieren häufig und die Dunkeliffer ist vermutlich auch sehr hoch
Ich finde es einfach sehr sehr gut wie Du persönlich mit dieser Situation umgehst, da hast Du vielen schon was voraus. Sei stolz auf was Du bis jetzt schon alles erreicht hast.
Ja leider, so gut wie niemand hat die ideale Kindheit. Von dem her hat jeder seine Päckchen zu tragen.
Danke für die lieben Worte, ich versuche es :)
Ich weiss halt, wie schwer es für mich war, keine Vorbilder zu haben die mir zeigen, dass es geht. Hätte mir so viel erleichtert in der Pubertät. Deswegen versuche ich, voran zu gehen und mich zu zeigen um für andere das Vorbild zu sein.
Oh, du toller Mensch, was für ein schöner Beitrag mal wieder. Erstmal größten Respekt dafür, dass du es geschafft hast, mit Selbstreflexion diesen Mustern zu entkommen, die dir in der Familie vorgelebt und beigebracht wurden. Total spannend finde ich den Punkt des "lieber authentisch scheiße sein, als unauthentisch". Ich habe nämlich auch die Erfahrung gemacht, dass ich Menschen angenehmer finde, die ihre Meinung "raushauen" und sich dann mal kurz danebenbenehmen, aber man sie und ihre Motive greifen kann. Obwohl ich im Gegensatz dazu gelernt habe, mich zusammenzureißen und meine Gefühle für mich zu behalten. Finde aber spannend, wie du das beschreibst, hat mich zum Nachdenken gebracht. Jedenfalls mal wieder danke für deine Gedanken!
Hey danke für diese lieben Worte <3
Ganz bin ich sicher nicht aus dem Muster raus, aber ich bemühe mich immer wieder aufs Neue.
Ich glaube, eine bewusste Mischung ist wichtig.
Danke für deine Zeit und deinen tollen Kommentar.
Na klar, ich danke dir!! <3 Das ist ja auch alles ein Prozess und ein Weg, auf den man sich begibt. Aber ich glaube, so lange man sich seines Verhaltens und seiner Muster bewusst ist, ist alles gut :) Ich drücke dich!
Authentisch und eben ehrlich und wertschätzend zu kommunizieren ist für alle gewinnbringend und sehr sehr wichtig. Sehr schöner Artikel.
Danke, erlebe ich genauso :)
Vielleicht hat das auch was mit der Geschichte zu tun und wie deine Eltern und Großeltern aufgewachsen sind.
Komisch das das bei dir so spät erkannt wurde.
Bist auf jeden Fall nicht dieser statistische Typ der in Büchern beschrieben wird.
Natürlich hat das ganz viel mit der Geschichte meiner Eltern zu tun, ihre Art sich zu zeigen ist die Folge ihrer Kinderheit, ganz klar :) Ich bin da auch gar nicht sauer oder so, ich erkenne und begreife es einfach nur als Realität.
Ich denke, die Diagnose , Autismus-Spektrum-Störung ist zwar richtig, aber ich bewege mich am ganz äusseren Rand und kann sehr vieles abfedern und ausgleichen.
Und der Norm angepasst, will ich gar nicht sein, für mich wäre es eine Beleidigung, wenn mir jemand sagt, ich wäre normal ;)
Mit statistischen Typ mein ich dem mit dem Krankheitsbild aus Büchern oder ICD10.
Noch ein kleiner Hinweis. Du hattest Psychopathen erwähnt.
Das gibts nicht im ICD10. Hm komisch...
Na wenn du das ICD 10 kennst weisst du ja, wo Psychopathen eingeordnet werden...
All diese Diagnosen gehören in den Bereich der Persönlichkeitsstörungen.
http://www.icd-code.de/icd/code/F60.2.html
Das Wort steht dort einmal und wird nicht erläutert.
F60.2 trifft das nicht ganz.
Ist also nicht gelistet Psychophatie im ICD10.