Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt.
Möglicherweise unter anderen Vorzeichen als Kennedy seinerzeit, aber dennoch im Hinblick auf die Kernaussage, entsprechend, könnte man diese Worte des Präsidenten auch mit einiger Berechtigung in die heutige Zeit passen. Denn was ich in unserer demokratischen Gesellschaft beobachte ist eine Art gedankliches Paradoxon. In einem Punkt sind wir uns doch scheinbar alle einig: Der Politik kann man nicht trauen.
Warum denken wir eigentlich, dass wir uns auf Politiker nicht verlassen können?
Richtig, weil wir in leidvoller Erfahrung gelernt haben, dass die Versprechungen, die uns während der Wahlkämpfe gemacht werden, nach der Wahl häufig ihre Gültigkeit verlieren. Bedeutet im Umkehrschluss aber auch: die Unverbindlichkeit der Wahlprogramme, die uns als Wähler doch in aller erster Linie bei der Stimmvergabe beeinflussen, führt zu Unzufriedenheit mit den gewählten politischen Verantwortlichen und fördert Politikverdrossenheit.
Das alles gipfelt dann in vielen Fällen in einer Art selbstzufriedener Resignation, versinnbildlicht durch solche Stammtischweisheiten wie “Wir einfache Leute können doch sowieso nichts ändern”. Im Grunde ist das eine alarmierende Feststellung, die innerhalb unserer Gesellschaft zumindest im Kreise der Mittel- und Unterschicht zum allgemeinen Konsens geworden zu sein scheint.
Ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen ist also der festen Überzeugung, dass die wesentlichen Entscheidungen über Gegenwart und Zukunft der Gesellschaft, mit allem was damit einhergeht, schutzlos der Willkür einiger weniger profitgieriger und vollkommen gewissenloser "Raubtierkapitalisten" überlassen sind. Aber natürlich kann man an dieser Tatsache auch nichts ändern und trägt daher auch keine Mitschuld für die entstehenden Missstände.
Man hat also als Einzelner (folgt man diesem Konsens) mangels politischen und wirtschaftlichen Einflusses überhaupt keine Verantwortung für die Entwicklung der Welt. Man hat aber natürlich als freier Bürger einer Demokratie das Recht Politiker zu kritisieren, die das wofür man sie gewählt hat, nicht umsetzen.
Aber was genau sind Wahlversprechen überhaupt?
Wahlversprechen sind Versprechungen von Leistungen des Staates gegenüber seinen Bürgern, die die Politiker den Wählern machen um sie dazu zu bewegen, ihnen bei einer Wahl ihre Stimme zu geben. Nun stellt sich mir die Frage: Was tun eigentlich die Bürger für den Staat?
Viele sagen jetzt berechtigterweise: Wir zahlen doch Steuern. In gewisser Weise scheint das Argument auch eine Daseinsberechtigung zu haben. Denkt man jedoch einen Schritt weiter, so stellt man fest, dass man mit den Steuern, die man an den Staat abgibt eigentlich wieder nur diejenigen Institutionen und Personen unterstützt, mit denen man unzufrieden ist. Und wenn man der Auffassung ist, dass die Politik unserem Land mit ihren Entscheidungen schadet - wie kann man dann davon reden, dass man seine gesellschaftliche Verantwortung dadurch wahrnehmen würde, dass man genau das, was man als Ursache für diese Missstände bezeichnet, durch Steuergelder finanziert?
Da uns das allerdings noch weitaus mehr schaden, möchte ich an dieser Stelle jedoch anmerken, dass es natürlich auch keine Lösung wäre, von jetzt an einfach keine Steuern mehr zu zahlen.
Nein. Vielmehr muss man daraus schlussfolgern, dass es nicht ausreicht seinen Beitrag in der Gesellschaft als rein finanziellen zu verstehen. Aus dieser Überlegung ergibt sich ein ganz großes Problem, das so gut wie jede politisch-gesellschaftliche Diskussion durchdringt. Nämlich die Koppelung jeder gesellschaftlichen Fragestellung, die – sei sie auch noch so gerechtfertigt – debattiert wird, mit finanziellen oder wirtschaftlichen Aspekten.
Dabei gerät vollkommen in Vergessenheit, dass Werte und gesellschaftliche Konventionen nicht vom Bankkonto kommen, sondern aus unseren Köpfen. Denn tatsächlich können gesellschaftliche Veränderungen nicht mit Geld erkauft werden.
Für den Einen oder Anderen wird diese Erkenntnis jetzt vielleicht schockierend sein.
Für unseren Stammtisch hingegen ist sie allerdings sowohl Fluch als auch Segen. Fluch insofern, als dass sie die lang etablierte Tradition des selbstgerechten Klagens, deren gesellige Ausübung bei kühlem Bier mit den Kollegen in der Kneipe, zahlreiche Abende mit Gesprächsstoff füllte, hinfällig macht.
Segen auf der anderen Seite, weil damit auch die Erkenntnis einhergeht, dass es eben doch möglich ist Etwas zu verändern, auch wenn man nicht zu den oberen 10.000 gehört. Erst wenn man begriffen hat, dass es die unteren 79.990.000 sind, die der Gesellschaft ihre Form geben, versteht man auch warum man sich als ein Teil dieser Menge nicht einfach seiner gesellschaftlichen Verantwortung entziehen sollte.
Es gibt also Probleme, auf die die Politik überhaupt keinen Einfluss haben kann, weil es sich bei den Lösungen um Ideen und neue Denkansätze handelt. Und eben nicht um Transferzahlungen oder subventionierte Regierungsprojekte. Diese Probleme löst man nicht mit der Geldbörse sondern mit Leidenschaft und Verstand.
Ich stimme absolut zu. Es muss wieder mehr politischen Aktivismus geben. Heutzutage geht kaum mehr jemand auf die Straßen um seine Meinung zu vertreten. Ich befürchte es geht uns zu gut.
Gleichzeitig ist mir die Ironie/Scheinheiligkeit meiner Aussage schmerzhaft bewusst, da ich selbst noch an keiner politischen Aktion teilgenommen habe geschweige denn eine organisiert habe.
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Erstmal das ist ein schöner Beitrag.
Aber .....
Da hast du im Grundsatz recht, jedoch der einzelne kann nichts bewirken, sondern nur in der Gemeinschaft bzw. im Verbund mit anderen. Und ab diesem Zeitpunkt wird es schon schwieriger ohne das benötigte Kapital.
Oder ???
Gruß Linerus
Da gebe ich Dir Recht. 😊
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