Was macht die Attraktivität eines Produkts aus?
Auch die Bremse der Bremse kostet. Also, weg damit! Wie ich im letzten Beitrag Hat Ihr Fahrzeug auch eine Bremse, um die Bremse zu bremsen? gezeigt habe, investieren Start-ups zu spät in die Erweiterung von Mitarbeiter und Ressourcen. Zuerst sieht man in seinem grenzenlosen Optimismus nur das Wachstum. Bis man die Wachstumshemmungen realisiert, reagiert man zu spät! Das war die Quintessenz meines letzten Beitrags.
Ein hoher Preis macht ein Produkt unattraktiv
Aber etwas haben wir gar nicht beachtet: mehr Mitarbeiter ziehen eine höhere Lohnsumme, mehr Ressourcen verlangen höhere Wartungskosten. Diese müssen durch den Mehrverkauf unserer Produkte getragen werden. Wir können nur hoffen, dass die Zunahme des Ertrags die erhöhten Kosten wettmacht, sonst steigt der Preis unserer Produkte, was deren Attraktivität verringert.
Die Attraktivität eines Produkts hängt aber nicht nur vom Preis ab, sondern auch von anderen Produkteeigenschaften, wie z.B. seiner Qualität. Ramsch ist zwar billig, hat aber eine niedrige Qualität und ist deshalb trotz niedrigem Preis vielleicht nicht kaufattraktiv. Auch ein vergleichsweise günstiges Angebot mit hoher Qualität ist wenig attraktiv, wenn seine Lieferfrist nicht eingehalten wird oder zu lang ist. Es gibt viele Dimensionen eines Angebots, welche seine Attraktivität bestimmen. Manchmal ist sogar ein minderwertiges Produkt attraktiver als ein hochwertiges Konkurrenzprodukt. Attraktivitätsdimensionen können neben Preis und Qualität auch die Marke, das Design und natürlich der Bekanntheitsgrad sein. Es gibt sogar viele emotionale Attraktivitätsdimensionen: das Produkt löst einen Jöö-Effekt aus, das Produkt gilt in meiner Community als cool oder das Produkt unterstützt einen politische Richtung.
Der dazugehörige Archetypus sieht so aus:
Das "Merkmal 1" könnte z.B. die Produktequalität sein. Hohe Qualität macht das Produkt attraktiv, hat aber auch ihren Preis. Der Preis wäre das "Merkmal 2" des Produkts. Ein hoher Preis ist nicht gerade attraktiv. Die Mischung aus den Teilattraktivitäten macht die Gesamtattraktivität aus. Sie bestimmt die Nachfrage nach dem Produkt.
Was sollen wir tun?
Das Attraktivitätsprinzip hat einen Sonderstatus unter den Archetypen. Peter Senge erwähnt das Attraktivitätsprinzip in Die fünfte Disziplin nicht. Es ist ja auch bloss eine Art Mix von Grenzen des Wachstums und Eskalation. Vermutlich kann man durch solche Kombinationen von Archetypen beliebig viele neue Archetypen generieren.
Was lernen wir aus dem Attraktivitätsprinzip? Das Verringern verkaufshemmender Einflüsse ist teuer und kann sich auf den Preis des Prokts niederschlagen. Ein hoher Preis macht das Produkt unattraktiv, was wiederum verkaufshemmend ist. Was wir auch tun, so sehr wir uns anstrengen und strampeln: immer fällt dabei wieder ein Haar in die Suppe. Jay Forrester, der Erfinder von System Dynamics, sagte in einem Vortrag: "98% of the time people pull the wrong lever in a system when trying to fix a problem". Das soll jedoch für das Aussitzen von Problemen plädieren. Ich verstehe Forresters Wort eher dahingehend, als dass die zu schnell und zu intuitiv gehandelt wird, ohne das Problem zu verstehen.
Archetypen können helfen, Probleme zu verstehen und so zu handeln, dass unerwünschte Neben- und Fernwirkungen geringer ausfallen.