Der Verstand vögelt, der Körper arbeitet. Sex und Depression

in #burnout7 years ago

Sex und Depression - ein Tabuthema! Obwohl, einige "Sexualstörungen" erleben auch Menschen ohne Depressionen. Die Art, wie wir "Liebe machen" gibt Hinweise auf unsere seelische Verfassung.

Die wunderbarste Nebensache der Welt war einige Zeit die furchtbarste Hauptsache meiner Depression. Aber auch daraus lernte ich viel, was mein Lebensgefühl nachhaltig positiv veränderte. Sex macht wieder Spaß!

The link to the original text of my website//Der Link zum Originaltext meiner Website: https://burnoutside.com/sex-und-depression-die-weiche-haerte/

Jetzt wird es schlüpfrig. Über Sex zu schreiben war nicht meine Motivation, als ich mit diesem Blog begann. Und jetzt sitze ich hier und stelle mir vor, wie du verstohlen auf deinen Bildschirm blickst und hoffst, dass dich niemand beim lesen dieses Artikels beobachtet.

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Image is CC0 (www.pixabay.com)

Ich mag dieses Bild im Kopf. Glücklicherweise sind wir in der Lage, uns alles mögliche vorzustellen und mit detaillierten Bildern zu hinterlegen. Ich stelle mir dich nackt vor. Nicht, weil ich ein perverser Spanner bin, sondern weil ich offener über „Liebe machen“ schreiben kann.

DAS VORSPIEL

Was für ein Weichmacher: Liebe machen … Bei meinen ersten sexuellen Erlebnissen war definitiv Liebe im Spiel. Ich wusste jedoch nicht, was ich da tat. Es war experimentieren, herantasten, erforschen und ein Teil des erwachsen Werdens.

Später wurde daraus Ekstase, Vertrautheit oder Abenteuer. Irgendwann war Sex Routine.

Ich: Willst du Sex?

Sie: Nein

Ich: Cool

ICH BIN EIN MANN, HÖRST DU!

Als es mit meiner Gefühlslage steil bergab ging, erreichte ich ein neues Qualitätsniveau in Bezug auf mein sexuelles Empfinden.

Das Erste, was ich auf meinem Weg ins Burnout tat, war mein schwindendes Selbstbewusstsein zu kompensieren. Da kam mir Sex gerade recht.

Ich wurde dominanter, was reizvoll sein kann. Nicht aber, wenn dir egal ist wer gerade vor dir kniet. Beweist du dir ein Mann zu sein, ist für Liebe, Respekt oder Zweisamkeit kein Platz.

DAS UNVORSTELLBARE PASSIERT

Natürlich geschah das unbewusst. Hätte ich mir eingestanden, keine echte Lust mehr zu empfinden, nicht nur in Bezug auf Sex, gäbe es diesen Blog nicht.

Wie bei einem Drogenjunkie, der nicht sein Verhalten in Frage stellt, sondern für mehr Nachschub sorgt. Du brauchst mehr von diesem harten Zeug, für weniger Selbstbewusstsein.

Das ging eine Zeit lang gut, bis meine Erektionen so zuverlässig waren, wie ein Gebrauchtwagenverkäufer in weißem Anzug, Goldkettchen und Fuchsschwanz am Schlüsselanhänger.

DER VERSTAND VÖGELT, DER KÖRPER ARBEITET

Sex verlagerte sich ausschließlich in meinen Kopf. Dort passierten die aufregendsten Sexfilmchen. Ich wusste noch nichts von meinem Burnout, noch weniger von Depressionen. Meine Körperfunktionen stellten sich jedoch bereits darauf ein.

Vögeln auf Depression ist wie YouPorn in 3D ohne 3D-Brille. Ich wusste nicht was da abging und führte lediglich Körperbewegungen aus, die nicht einmal als Fitnesstraining taugten und mich ermüdeten.

SEX MIT EINER LEICHE

Mein Verstand, der mir als fragwürdiger Helfer zur Seite stand, drehte jedoch seinen Teufelsspieß um. Er gab die Schuld diesem willigen Frauenkörper, der sich unter mir kaum noch bewegte.

Natürlich war sie Schuld, dass ich keine Lust mehr empfand, dass meine „Erektion“ weich wie ein stundenlang geschleudeter Pizzateig war.

Ein Mann braucht nicht viel um in Stimmung zu kommen. Somit bleibt die Frau übrig, die für den Zustand der völligen Lustlosigkeit herhalten muss.

Klar, während der Anfangsphase meiner Depressionen waren alle Anderen für alles in meinem Leben Schuld.

IN DIE PSYCHE EINDRINGEN

Ich liebte Sex bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich nur noch

– im Kopf war,

– Körperbewegungen ausführte,

– von Beginn an den Orgasmus ansteuerte,

– gefühllos fickte, aber keine Liebe empfand und

– froh war, als es vorbei war.

Vermutlich kommt das manchen bekannt vor. Du musst nicht an Depressionen leiden und kannst dennoch die fünf angeführten Punkte abhaken. Der Unterschied ist, dass meine Psyche bereits schwer angeschlagen war und mein Selbstbewusstsein auf den Grund eines tiefen Sees lag. Angekettet an einem schweren Stein.

Ich hatte keine Lust mehr, zu nichts, konnte meine Freundin nicht befriedigen, und wenn, war es mir egal.

Meine Männlichkeit, derer ich mir bis dahin bewusst war, bekam einen harten Tiefschlag in die Weichteile und begab sich in Embryonalstellung zu meinem Selbstbewusstsein.

EIN ELEFANT OHNE RÜSSEL

Heute genieße ich Sex wieder, theoretisch. Wie erwähnt, nehme ich – vorerst noch einen Monat – leichte Antidepressiva. Sie erleichtern meinen Alltag, mein Sexleben liegt allerdings auf Eis.

Ich bräuchte die Viagra-Vorteilspackung um physisch in der Lage zu sein, das eine mit dem anderen zu verbinden. Du weißt schon …

Ich empfinde nichts. Meine Haut ist sensibel wie die eines Elefanten. Noch schlimmer, die Leitungen von meinen Augen über das Gehirn und weiter zu den Adern des für Sex notwendigen Schwellkörpers sind umgeleitet.

WER ZUERST KOMMT HAT VERLOREN

Alles gut, die Baustelle schließt demnächst. Eine wesentliche Erkenntnis meiner Depressionen ist, auf meine Intuition zu hören. Die aktuelle Abstinenz ist durch die Medikamente erklärbar. Meine Freundin hat Verständnis und bald holen wir die entgangenen Schäferstündchen nach. Versprochen, Baby!

Viel wichtiger ist mir heute das Gefühl, dass ich vor, während und nach dem Liebe machen – ja, das ist es heute – empfinde.

Ich habe keinen Sex mehr ohne Liebe und renne nicht mehr zum Orgasmus. Was soll das mit dem Orgasmus? Ich trinke auch nicht Wein um mich zu besaufen. Das ist viel zu stressig und vertreibt den Genuss noch ehe er die Hüllen fallen lässt.

Nein, ich möchte ein zärtliches, gemeinsames Erlebnis mit meiner Frau genießen. Kommen wir auch noch, sind wir vorher längst angekommen.

FAZIT: VÖGELN FÜR FORTGESCHRITTENE

Sex auf Depression war für mich unmöglich. Schon Jahre vorher lieferte ich eine Show ab, machte mir etwas vor um in weiterer Folge meine Männlichkeit unter Beweis zu stellen.

Ich brauchte die sexuelle Auszeit, weil ich die Verbindung zu meinen Gefühlen und meinem Körper verlor.

Bis auf die aktuelle Phase mit den Antidepressiva entwickle ich ein neues Lebensgefühl. Sexuell gebe ich nicht weil ich muss oder weil ich will. Ich gebe, weil ich mich am Intensivsten spüre.

Ich kann annehmen. Nicht, weil sich meine Freundin bemüht oder weil ich mich zwinge. Die früheren Blockaden sind weg und meine Gefühle nehmen wie ein Schwamm auf, was an Stimulation daherkommt.

Jetzt werde ich das Thema Sex wieder in die Schublade legen. Darüber zu schreiben oder nachzudenken ist nichts im Vergleich es zu tun.

@burnoutside

Sort:  

Uiuiui was für ein cooles Thema, ich mag sowas ja total.
Ich finds richtig klasse wie direkt und unverblümt du darüber schreibst.

Ich muss dazu ehrlich sagen, ich kann mit Sex nicht viel anfangen.
Warum das immer alle die schönste Nebensache der Welt nennen, weiss ich wirklich nicht. Für mich ist Sex etwas echt schräges, tierisches, zügelloses und sieht ma richtig blöd aus 😅
Und dann der Austausch von Körperflüssigkeiten..... ihhh....ne. Also ich hatte auch schon Sex und der war ganz gut aber da war ich übelst verknallt und mein Verstand sozusagen im Urlaub ne. Ich empfinde absolut keine Lust auf Sex und bin nicht depressiv. Sowas geht auch. Sex kann man haben, muss man aber nicht, ich glaub nicht, dass die Menge an Sex etwas über deine Lebensqualität aussagt. Gut, ich muss das sagen weil ich keinen habe 😋

Man kann auf jeden Fall auch lieben, dabei glücklichsein und das ohne Sex.
Dir alles Gute, was auch immer dein Wunsch ist.

Ich hörte bereits davon, dass manche Menschen nicht auf Sex stehen ... UNFASSBAR! :)

Schräg, tierisch, zügellos ... ja, so muss Sex sein!

Aber hey, was immer dir gut tut, oder eben nicht gut tut.

Aber, kein Sex, echt jetzt? :))

Joa, keine Ahnung warum aber so isses :)
Ich find das irgendwie komisch und eher...absurd das man sowas machen will.
Is wohl eher die Ausnahme aber auch das gibts.

Respekt! Und danke für diesen ehrlichen Artikel.
Ich glaube, die Art und Weise, wie Du damit umgehst, ist die beste. Der Müll muss raus, wenn man ihn entsorgen will.

DANKE! Ja, raus mit dem Müll, dann ist wieder Platz für das gute, das in unser Leben will! ;)

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