Mehr MeckPomm im Bulli (2)
Mit dem Aufbruch von Goldberg und dem damit verbundenen Abschluss des mir selbst auferlegten Trainings des Lebens im Bus, begann der abenteuerliche Teil der Reise durch den schönen Nordosten unserer Republik. Nun sollte sich zeigen, wie ich mit den vielen Freiheiten und Möglichkeiten, die mir mein vierrädriges Zuhause im Kleinformat bietet, auf einer ungeplanten Reiseroute im Müritz-Nationalpark in Mecklenburg-Vorpommern umgehe. Zunächst ließ uns Kommissar Zufall zwei wunderbare Tage in Godendorf verbringen.
Die grobe Orientierung ist dank einiger Hinweisschilder (allerdings nur zu den größeren Orten, die ich vermeiden möchte) in etwa vorhanden, jedoch irritiert es mich sehr, dass mein Mobilfunkanbieter in weiten Teilen des Landes „Kein Netz“ heißt. Meine Navigationsapp zeigt nur sporadisch Kartenmaterial, was mich sehr verunsichert und bereits am ersten „autarken“ Tag beschließen lässt, zukünftig mit dickem Shell-Atlas zu reisen. Als ich nur am Kilometerstand bemerke, dass ich mich bereits am äußersten Rand des Nationalparks befinde, ohne mich bisher getraut zu haben, blind abzubiegen, wähne ich rechts von mir einen See, dann erscheint das Ortschild von Godendorf. Hier fahre ich in eine kleine Wohnstraße, in der Hoffnung, jemanden fragen zu können. Wonach auch immer. Die Straße endet auf einem durch Büsche eingewachsenen Parkplatz, von dem ein schmaler Weg zu einer Badebucht führt.
Ich koche mir im Bus einen Kaffee (wie cool!) und begebe mich nach dessen Genuss auf den für meinen tapferen Beifahrer Mäx (der beim Lesen eines Shell-Atlanten allerdings wenig hilfreich sein wird) schon lange überfälligen Spaziergang. Die Ausschilderung eines Rundwanderweges wirkt vielversprechend.
Zunächst erweist sich der Weg als sehr schön. Die schmale Spur wird von vielfältigen Büschen und Sträuchern gesäumt, die langsam in einen artenreichen Mischwald übergehen. Dann prägen über eine weite Strecke wieder Stangenkiefern das Bild. Da es der Wahrnehmung ein wenig Abwechslung bietet, freue ich mich über ein Schild, welches kurz und knapp von einem nie aufgeklärten Förstermord, verübt durch einen Wilderer, im Jahre 1920 an dieser Stelle informiert.
Just in dem Moment, als ich denke „Na, damals wird es hier wohl anders ausgesehen haben. Welches zu wildernde Tier würde sich schon in dieser Kiefernödnis wohlfühlen?“, springen acht Stück Rotwild inklusive gepunkteter Kitze über den Weg! Dieses kleine Naturschauspiel sowie das Treffen auf den Großen Stiegsee vergolden mir die Strecke.
Zurück am Ausgangspunkt laden gerade Angler ihr Equipment aus ihrem Auto. Sie fragen mich, ob es mir etwas ausmacht, wenn sie ihren Wagen auf dem Parkplatz stehen ließen, sie würden nachts beim Aufbruch auch ganz leise agieren. „Keinesfalls!“ - aha, hier werde ich also über Nacht sesshaft!
Heute Abend bleibt die kleine Campingküche erstmals kalt. Ich schmiere mir ein Brötchen, schnappe mir eine Hundefutterdose sowie die Flasche Wein, die mein Schatz mir für einen besonders schönen Abend mit auf die Reise gegeben hat, und Mäx und ich picknicken an der Badestelle des Godendorfer Sees. Dieser lädt mich am folgenden Morgen, nachdem mich um 4:30 Uhr der Ruf des Kuckucks weckt, als erste Amtshandlung zum Hineinspringen ein!
Wir fahren umgehend nur zwei Kilometer weiter zu einem kleinen Parkplatz an der Godendorfer Papiermühle, auf dem durch ein Schild die südwestliche Grenze des Naturparks Feldberger Seenlandschaft gekennzeichnet ist. Hier möchte ich mich orientieren und gucken, wo mich die Weiterfahrt wohl hinführen mag.
Eine gemütliche Hunderunde bietet als Highlight die Raupenkette des Kiefernprozessionsspinners, denn das Auge sieht wieder weit und breit nur… Kiefernstangen! Ich stehe zwar nicht auf Selfies, aber muss wohl in Ermangelung einer weiteren Menschenseele auf diese Möglichkeit zurückgreifen, wenn ich beweisen möchte, dass nicht nur Mäx die beschriebenen Wege bewandert...
Während des kurzen Spaziergang habe ich einen phantastischen Anglerplatz mit gemähter Grasfläche inmitten einer bunten Wiese entdeckt. Dorthin fahre ich den Wagen und will erst einmal ausgiebig frühstücken. Ich verbringe den Vormittag mit dem Knipsen von Insekten, Lesen und dem Entschluss, dass dieses ruhige Örtchen mein heutiges Nachtquartier darstellen soll.
Nachmittags machen wir einen Ausflug nach Ahrensberg, auf dessen Campingplatz ich ursprünglich die Nacht verbringen wollte. Der dortige Spaziergang ist nicht unbedingt der Rede wert. Ebenso wenig, wie die Beschreibung des umständlichen Waschens meines nach wie vor wasserscheuen Hundes, der seinen Hals in einem Stück Aas parfümiert hat.
Zurück an der Godendorfer Papiermühle sind diese für beide Reisende unschönen Momente des Tages bei einer traumhaften Abendstimmung jedoch unglaublich schnell vergessen!
Ich suche mir mit Google Maps (Ja, ich habe Empfang!) den Vielitzsee als nächste Station aus. Hier empfängt uns große Hitze sowie eine schöne, von direkten Seeanwohnern gepflegte Rasenpromenade mit vielen Badegästen. Zu gerne würde ich in den See hüpfen, aber ich habe - sehr geschickt bei einer Reise ins Land der 1000 Seen - vergessen, meinen Badeanzug einzupacken. Bislang hat es mich nicht gestört, mich dem kühlen Nass so hinzugeben, wie Gott mich erschuf, doch hier sind mir eindeutig zu viele bekleidete Leute. Also fahre ich ins nah gelegene Lindow (Mark) und hoffe, der Nachlässigkeit durch käuflichen Erwerb eines Badeanzugs Abhilfe schaffen zu können. Fehlanzeige. Aber im Büro der Touristeninformation erhalte ich eine Übersichtskarte, wir wandern daraufhin motiviert um den Wutzsee.
Es ist sehr heiß und wir kommen aufgrund des starken Schilfbewuchses für etwa vier Kilometer nicht direkt ans Wasser. Ich muss mir angewöhnen, auch in Seenähe stets etwas zum Trinken für den Hund mit mir zu führen, denn dieser legt sich zwischenzeitlich zweimal hin und verweigert durstig das Weitergehen. Als wir endlich eine begehbare Uferstelle erreichen, wird der See leider auf allen Landkarten als ausgetrocknet gekennzeichnet...
Auf der Route um den See treffen wir auf die Klosterruine Lindow. Das einst reichste Kloster der Mark Brandenburg wurde im 13. Jahrhundert gegründet und 1638 im 30-jährigen Krieg zerstört. Seit der Restaurierung einiger Gebäude im 17. Jahrhundert, wird das Kloster als Stift betrieben. Besonders gefällt mir der liebevoll angelegte Klostergarten mit seinen Kräuterbeeten und kleinen Nutzflächen, wie einem winzigen, bereits abgeernteten Haferfeld, die noch heute von den Stiftbewohnern wie anno Dazumal gepflegt werden.
Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass wir uns mit Lindow bereits im nördlichen Brandenburg befinden. So auch die nächste Anlaufstelle, der Glambecksee. Die bis hierhin sehr gute Stimmung passte jedoch noch so schön in meinen Schreibfluss, während es vom Glambecksee - außer eines Kriminalfalls mit von mir nicht ermittelbarem Täter - kaum etwas zu berichten gibt. Doch dazu mehr, wenn es heißt: „Mit dem Bulli durch Brandenburg“!
Danke für diesen beschaulichen, sehr schön bebilderten Reisebericht!
So viele Seen in unmittelbarer Reichweite, das ist für mich ungewöhnlich. In meiner Heimat gibt es nur einen Badesee im ganzen Bezirk. Picknick am See mit Mäx und einer Flasche guten Weines stelle ich mir sehr gemütlich und entspannend vor, wie auch generell deine Art des Reisens.
😂 Aber zum Glück bist du in einer eher menschenarmen Umgebung unterwegs. Diesem Umstand haben wir glücklicherweise auch das schöne Selfie zu verdanken :-)
Auf die kriminellen Machenschaften rund um den Glambecksee bin ich schon gespannt ...
Gerne :-)
Es macht mir selbst viel Spaß, die Reisestationen auf diese Weise noch einmal Revue passieren zu lassen. Auch, wenn ich bereits sehr ins Hintertreffen geraten bin (Strom, Empfang, Lust) - nicht einfach, die "alten" Eindrücke zu formulieren, wenn schon wieder so viele andere im Hirn herumsausen.
Die vielen Seen sind schon toll, auch für ein "Wasserkind" wie mich. Die Landschaft ist einfach nochmal ganz anders.
Was witzig ist: Hier bade ich jeden Tag, zu Hause (Badesee, Trave, Ostsee...) vielleicht fünf, sechs Mal im ganzen Sommer...
Oh ja, wird spannend... :-D
Aber wir haben's ja überlebt... ;-)
Das kann ich gut nachvollziehen. Mir ging es ähnlich mit den Bergen. Als ich noch inmitten einer prächtigen Gebirgskulisse lebte, waren Berggipfel für mich wenig attraktiv und sind mir heute eigentlich nur noch als Ziel schweißtreibender Schulausflüge in Erinnerung. Erst als die Berge nicht mehr zum Greifen nah waren, hat sich meine Einstellung geändert. Heute weiß ich, dass ich in einer unglaublich schönen Umgebung aufgewachsen bin.
Sehr schöne Fortsetzung!
Hab' ich was verpasst? Übst Du für ein langfristiges oder gar permanentes Vanlife? (Die erste Frau wärst Du nicht, davon mal abgesehen.)
Vergiss den Shell-Atlas. Du kannst in Google Maps OFFLINE-Karten speichern, dann klappt die Navigation einwandfrei. Nur die Extras wie Restaurant-Speisekarten u.s.w. klappen nicht.
WENN EMPFANG:
Oben rechts auf dein Icon tippen - öffnet Menü.
Im unteren Drittel auf "Offlinekarten" tippen.
"Wähle deine eigene Karte" antippen.
Mit zwei Fingern im blauen Rahmen den Kartenausschnitt wählen; ggf. die Karte verschieben.
Wenn fertig, Karte runterladen.
Du kannst auch mehrere verschiedene Karten dort sammeln, für unterschiedliche Gebiete. Je kleiner der Ausschnitt, desto weniger Daten werden verheizt.
Auch die Sehenswürdigkeiten kann Google Maps dir geben, wenn Du fragst, natürlich nur online. Du kannst die gewünschten Orte aber speichern ("Markierte Orte") und dann mit der Offline-Karte anfahren. Je nach Sehenswürdigkeit sind rudimentäre Infos offline verfügbar, z.B. manchmal Öffnungszeiten.
LG und gute Fahrt - Folker
Danke :-))
Natürlich hast du nichts verpasst, du bist doch ein treuer Leser. Aber ich lebe doch nun schon zwei Wochen im Bus... Noch ein paar Tage, dann bin ich wieder zu Hause. Ich bin im Handling immer besser geworden und es werden garantiert noch Reisen in diesem Jahr folgen.
Wow, vielen Dank für diese ausführliche Hilfestellung und Anleitung! Werde ich gleich morgen mal ausprobieren.
Heute habe ich mir eine Wanderkarte von der Feldberger Seenlandschaft gekauft. Also, für den richtigen Überblick ist Papier gar nicht schlecht! Beim Fahren geht es ohne Beifahrer natürlich besser mit Technik.
Liebe Grüße
Christiane
Klar, das stimmt. Ich plane aber Trips auf dem Laptop am Schreibtisch, das geht prima. Die gespeicherten Orte transferieren dank automatischer Synchronisation zum Handy. Verdatet und verkauft...
Zum Wandern ist eine Karte vermutlich genauer. Ich habe bei Fußwegen in Städten schon etliche Fehler in Maps gefunden. Wird wohl noch dauern, bis der Google-Rucksack überall lang gelatscht ist.
WOW! Beautiful scenery at the lake (or river) with the cloudy sky in the 3rd picture.
The reflection of the trees on the water in the 4th, 5th and 6th picture is very marvelous. It looks really nice atmosphere and I think I can feel the fresh air from your pictures.... Great capture! ;)
The brick wall (or house) with the door and windows is amazing. It's great to see the white clouds and blue sky through them.
The piles of straws are interesting.
You look happy among nice nature. And it seems that your dog is happy, too. ;)
Thank you very much for your enthusiastic comment. It is always fun to see how detailed you look at the pictures.
Yes, the photos with the tree reflections in the lake in evening mood are also my favourite pictures. We have a similar taste... ;-)
But every photo is a fantastic memory of an even more fantastic trip for me. And the journey goes on and I will continue to report.
I will be honored when you read the following articles as well.
Warm regards from Northern Germany,
Chriddi
My pleasure!
Yeah! I'm happy that we have a similar taste... ;)
I look forward to reading the new reports on your journey with much interest.
Stay safe and healthy! ;)
Hi @chriddi! I used translator to read this post as these pictures made me needed to read this post. What an experience. Here in Sri Lanka, though there are many heaven like places, solo travelling is not that much popular. Specially for a female. But I wish, I could go all over the county like you just did. Waiting for more from you like this. loved your post!
Dear @sandu,
I feel so honored cause you translated my text - thank you very much.
It is not that popular here, either. Though... I'm not alone taking care for a very good guard dog... ;-)
I must confess that I do not read so many articles thoroughly during my vacation, I rather skim over them. And I hardly ever comment. But I really liked your piece. So I promise to get better and will certainly support you in your "young Steemit existence" every now and then.
Warm regards from North Germany,
Chriddi
@chriddi you are very lucky to have such a good, caring dog with you.
Thank you very much for your support and I’m waiting for your next post. 💞💞
Say hi to Max! What a nice place and awesome story!
Thank you for being awesome! You just got upvoted by the @steemingcurators. We are voting with the Steemit Community Curator @steemcurator02 account to support the best content on Steemit!
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STEEM ON!
Mäx has been cuddled on your behalf... ;-)
Thanks a lot for reading my story and your huge support.
hammer klasse tour und super berichtet.....ich liebe solchne abenteuer geschichten,grade mit womo...tolle reise dir
Vielen lieben Dank - für das tolle Feedback und die Wünsche :-))
Der schöne Mäx am Ufer.
Ich find ihn so drollig, könnte ich sofort mitnehmen
Das habe ich auch gedacht, als ich ihn for über einem Jahr im Tierheim entdeckte. Hab's durchgezogen... 😁
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