Eine freie Gesellschaft braucht ein Fundament. Teil 26

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Heute geht es im Rechtsbereich um den glorreichen Ausspruch „Eigentum verpflichtet“. Zu was eigentlich?

In einer freien Gesellschaft ist Eigentum die Basis allen Rechts (Gustav Radbruch, 1970). Nun kennt nicht nur die Freie Gesellschaft, sondern auch die Staatsgesellschaft Eigentum. Charakteristisch für das Eigentum z. B. im deutschen Staat ist, dass es verpflichtet. In Art. 14/2 GG heißt es: „Eigentum verpflichtet“. Was auch immer man aus dieser merkwürdigen Redewendung herauslesen mag, welche Folgen kann das für die Eigentümer haben?

Nach Artikel 2/1 GG wird jedem Rechtssubjekt freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zugebilligt. Solche Entfaltung gelingt bekanntlich nur, wenn bestimmte Güter dafür genutzt werden können, und das heißt in einer entwickelten Gesellschaft: aufgrund von Eigentum. Das muss aber auch heißen, der Eigentümer muss jeden anderen von der Nutzung seines Eigentums ausschließen können („Diskriminierungsprinzip“). Sonst ist es per definitionem kein Eigentum. Der Nutzungsausschluss macht Güter erst zu Eigentum.

Genau dieser Ausschluss wird im deutschen Rechtskreis nicht garantiert. Jeder, der an das Eigentum von Jemandem heranwill, allen voran der Staat, kann sich mit gleichem Recht wie der Eigentümer (mit seiner Berufung auf die Artikel 2/1 GG und 14/1, Satz 1 GG) auf den Artikel 14/2 GG berufen, wo es heißt: „Eigentum verpflichtet.“ Welche Verpflichtung soll damit gemeint sein? Zu wessen Gunsten geht die dem Eigentum vermeintlich immanente Pflicht?

Eine Antwort darauf finden wir in Artikel 14/2 GG. Die Eigentumspflicht besteht zu Gunsten des „Wohles der Allgemeinheit“. Nun wissen wir es: das durch das GG begünstigte Lebewesen heißt Allgemeinheit. Ihm soll es wohl ergehen. Das Wohl eines Abstraktums (s. dazu die Einleitung von Teil 8 in #freie-gesellschaft ) wird als Anspruchsgröße hineingeschoben ins persönliche Eigentum. Richard Herzinger hat schonungslos und genüsslich aufgedeckt, wie eklatant dieser Anspruch den natürlichen Gegebenheiten des menschlichen Zusammenlebens widerspricht (1997).

Normalerweise lastet auf dem Eigentümer nur dann eine Pflicht, und zwar eine ganz konkrete, wenn er sein Eigentum in Vereinbarungen und Verträge eingebunden hat (eigentlich ganz logisch und wird tagtäglich praktiziert). Ganz anders will es das deutsche „Grundgesetz“. Weder spricht es in seinem Artikel 14/2 von Vereinbarungen und Verträgen, noch legt es sich, was die Konkretisierung des Pflichtbegriffs angeht, in irgendeiner Weise fest. Auch sagt es nichts über jene Teile des Eigentums, die in der Pflicht stehen sollen. Das können demnach alle Teile sein.

Der Eigentümer muss also gewärtigen, dass er sogar mit dem Eigentum ersten Ranges, nämlich mit dem Eigentum an seinem Leib (Leibeigentum), verpflichtet ist, und zwar auch hier ohne jeglichen Vertragsabschluss. Nach Artikel 12a GG beispielsweise, in dem es um die Wehrpflicht geht, mutet das GG den Bürgern zu, ohne jede Vereinbarung auch ihren Leib (ihr Leibeigentum) zu opfern, falls es einmal ernst werden sollte (freilich ist Art. 12a derzeit ausgesetzt, aber kann jederzeit wieder eingesetzt werden, Politiker führen es immer wieder an. Diese Art. 12a ist aber nicht seit Anbeginn des GG vorhanden, sondern wurde gesetzwidrig eingefügt, wie vieles im heutigen GG aber dazu kommen wir noch genauer zu sprechen, wir schauen etwas genauer nach).

Viele Gesetze der Staatsgesellschaft, die sich auf Beschränkung und Schmälerung des persönlichen Eigentums beziehen, basieren auf der knappen Formel vom verpflichtenden Eigentum. Daraus erwächst ein nicht unerheblicher Konflikt. Denn sowohl der Artikel 14/2 als auch die Artikel 2/1 und 14/1(Satz 1) GG dürfen zu ihrer Durchsetzung Zwang beanspruchen. Der Zwang, der hinter dem Artikel 14/2 steht, war bisher stets größer als der, der zur Durchsetzung der Artikel 2/1 und Artikel 14/1/1 GG verhelfen sollte. Im Ernstfall gibt es also keine Macht, die den Artikel 2/1 GG gegen Zwänge der Enteignung schützen und verteidigen kann. (Es gibt diesen schon, doch dazu muss man ganz tief ins GG blicken, doch auch dazu in späteren Teilen mehr)

An Zwang und Gewalt denkt natürlich kein Mensch, wenn er den harmlos anmutenden Satz liest: „Eigentum verpflichtet“. Denn der scheint auf den ersten Blick recht Vernünftiges auszusagen. Außerdem hört er sich in dieser personunabhängigen Form so an, als sei das Eigentum aus sich selbst heraus das Verpflichtete und nicht sein Eigentümer. Vielleicht wollten die Verfassungsschöpfer es nicht so hart ausdrücken, dass eigentlich der Eigentümer, und zwar auch ohne Vertragsbasis und lediglich kraft seiner Eigentümerschaft, Pflichten zu erfüllen habe.

Dem gegenüber gilt festzuhalten: Nur Personen können Pflichten auferlegt sein und nicht einem Eigentum. Nur Eigentümer verpflichten sich - in einer freien Rechtsgemeinschaft stets aufgrund freiwillig abgeschlossener Verträge (s. Teil 11 - 16 und weitere). Wo Eigentum vertragslos geopfert werden soll, im schlimmsten Fall das Leibeigentum (wie bei der Wehrpflicht), da herrscht gnadenloser Despotismus.

Das Eigentum ist angeblich gegenüber der Allgemeinheit verpflichtet. Die Allgemeinheit, das heißt ihre obrigkeitliche Fürsprecherin, ist also beim individuellen Eigentum immer Miteigentümer. Hier fragt sich das Individuum oft und zu Recht: Bin ich nun Eigentümer meines Hab und Gut oder bin ich es nicht?

Sofern der Artikel 14/2 GG die größere Macht gegen die Artikel 2/1 und 14/1/1 GG ausspielen kann, ist die Obrigkeit als Miteigentümerin aufgrund ihres Gewaltmonopols eigentlich die Haupteigentümerin des Privateigentums. Sie ist es nicht nur deshalb, weil sie Eigentum je nach Gutdünken (z. B. als „Abgabe“) als des ihre erklären kann. Sie ist es auch deshalb, weil sie den Eigentumsentzug bei den Eigentümern mit Gewalt bewirken kann. Insofern gibt es in der Staatsgesellschaft gar kein Privateigentum im strengen Sinne. Es ist stets mehr oder weniger in der Hand des Staates.

Selbst der reichste Deutsche muss sich, sollte er sich einen Moment der Besinnung gönnen, vorkommen wie ein Hund, der ein Stück Kette mit sich herumschleppt. Überall wird an seinem Eigentum herumgemacht, beim Erwerb, beim Genuss, beim Verkauf. Noch nicht einmal beim Verschenken (z. B. beim Vererben) dürfen die Staatsbürger über ihr Eigentum frei verfügen. Echtes Eigentum in dem Sinne, dass der Eigentümer damit nach Belieben schalten und walten darf - natürlich immer in den Schranken, die ihm der Eigentumsschutz der Anderen und der Naturschutz setzen - gibt es in Deutschland nicht. Außerhalb Deutschlands ist die Rechtslage ähnlich.

Der Staat ist hinsichtlich des Eigentums Billigkeitsinstanz. Er kennt Privateigentum nur als bedingtes Eigentum und erkennt es nur als solches an. Insofern kann man in der Struktur eines Rechtssystems, das auf dem „Grundgesetz“ basiert, die Struktur des mittelalterlichen Lehensrechts erkennen. Im Grunde haben deutsche Staatsbürger ihr Eigentum zu einem Gutteil nur als Lehen. Denn ein Eigentum, über das eine Obrigkeit gebietet, ist nichts anderes als Lehenseigentum. Persönliches Eigentum mag es in Deutschland wohl geben, aber nur gnadenhalber. Das Privateigentumsrecht „ist nur provisorisch gültig und kann entsprechend der Einschätzung des Verwalters [Obrigkeit] hinsichtlich der Notwendigkeiten ‚öffentlicher Sicherheiten’ und ‚sozialer Absicherung’ einseitig geändert werden“ (Hans-Hermann Hoppe, 2004).

Da die Verfassungshüter den Bürgern vorbehalten, welche Pflichten konkret ihr Eigentum belasten, dürfen ihre Adepten nun von Fall zu Fall entscheiden, welchen Anteil des persönlichen Eigentums sie requirieren wollen. Das Eigentum gehört zu den Verfügungsrechten der Obrigkeit. Das hat dazu geführt, dass nicht nur die Anzahl der Pflichten, die das Eigentum belasten, jährlich wächst, sondern auch ihr Umfang. Der Staat ist ein „enteignender Eigentumsschützer“ (a. a. O.).

Wenn eine Gesellschaft sich einen Grundsatz wie den des verpflichtenden Eigentums ins Basisrecht schreiben lässt, kann sie das Eigentum ihrer Mitglieder nicht nachhaltig schützen, auch nicht das Leibeigentum, also das Recht eines jeden auf seinen eigenen Körper. Wem es gelingt, innerhalb der Staatsgesellschaft die Macht an sich zu reißen, kann einen Großteil des persönlichen Eigentums ganz unbeeinträchtigt und legal unter seine Regie bringen (eigentlich, aber es gibt noch eine Hürde, die man erkennen muss, doch dazu einige Teile später mehr)

Welch absurde Kuriositäten der Imperativ vom verpflichtenden Eigentum zeitigen kann, führt uns die Wochenschrift SPIEGEL (Ausg. 7/ 2013) mit dem Artikel „DGB attackiert Börsenberichte“ vor. Darin zitiert das Blatt den Vorsitzenden des DGB-Nord, Uwe Polkaehn. Nach Polkaehn orientierten sich die Börsenberichte des Fernsehsenders ARD zu wenig „an dem Gebot des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet“. Polkaehn sieht die Börsenberichte daher „am Rande zur Schleichwerbung für Analysten und Spekulanten“. Das ARD-Fernsehen solle doch bittschön damit aufhören, Börsenberichte zu senden.

Die Formel „Eigentum verpflichtet“ ist eine der unsäglichsten Verballhornungen des Rechtswesens. Konkrete Rechtstitel werden entleert. Es bleibt oft nur noch ein formaler Rechtstitel, der das Eigentum weder erhält noch sichert. Mit der Formel „Eigentum verpflichtet“ ist jedes Maß von Enteignung und Entrechtung zu rechtfertigen. Sie trägt Elemente in das Rechtsleben hinein, die dieses auf das Niveau des Faustrechts zurückwirft. Sie ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich vom Staat einen schlüssig-humanen Rechtsschutz erhoffen.

Die Entrechtung, die der Artikel 14/2 GG bewirkt, zeigt sich vor allem bei den verschiedenen Spielarten des Subventionismus (wir hatten es in Teil 12 #freie-gesellschaft bereits angesprochen). Subventionistische „Umverteilungen“ sind stets in irgendeiner Weise Rechtsverletzungen. Erfolgt eine Rechtsverletzung bewusst und mit Absicht, ist sie ein Verbrechen. Die für die Subventionen notwendigen Mittel sind geraubt. Raub ist nicht nur nach üblicher Auffassung, sondern auch im Sinne des Gesetzes ein Verbrechen.

Wegen des Verbrechens „Umverteilung“ können in der Staatsgesellschaft weder die Kassenhalter noch die „Stellvertreter des Volkes“ belangt werden. Über welchen Staatsanwalt und bei welchem Richter sollte das geschehen? Sowohl die Staatsanwälte als auch die Richter sind die Günstlinge der Staatskasse und insofern Kombattanten der subventionierenden Obrigkeit. Ihre Existenzangst wird sie dazu veranlassen, dieses offensichtlich handfeste Verbrechen zu verschleiern.

Die Tendenz des Artikels 14/2 GG wird durch den Artikel 15 GG noch bestärkt. Wenn es Pflichten des einzelnen gegenüber der „Gemeinschaft“ gibt, muss das logischerweise bedeuten, dass die „Gemeinschaft“ Rechte jedem einzelnen gegenüber hat. Dem ist entgegenzuhalten: Wenn es keine Rechte und Pflichten außerhalb des Entscheidungsbereiches eines Ich gibt, bedeutet das, dass es auch keine Rechte und Pflichten geben kann, die nicht auf ein bestimmtes Ich gerichtet sind. Dieser Sachverhalt ist wichtig. Denn - das soeben Gesagte vorausgesetzt - macht sich jeder, der „Rechte des Volkes“, „Pflichten gegenüber der Gemeinschaft“ oder Ähnliches proklamiert, zumindest verdächtig. „Recht ist, was dem deutschen Volke nützt“, konnte der Naziminister Wilhelm Frick den deutschen Juristen auf dem Leipziger Juristentag 1933 zurufen, ohne damit Anstoß zu erregen.

Eigentum ist normalerweise persönliches. Eine „Gemein-Person“, die Nutzer des Gemeineigentums sein könnte, gibt es nicht. Man wird also bei der Deklaration von Volks-, Staats- oder Gemeineigentum stets nach bestimmten Personen als Nutznießer solcher Eigentümer fragen müssen, also nach denjenigen Egos, die reale Vorteile daraus ziehen. Auch wenn solche nicht unmittelbar aufweisbar sein sollten: für jedes Eigentum gibt es Leute, die einen Nutzen davon haben, sei dieser Sachverhalt auch noch so verdeckt und seien die wahren Eigentumsverhältnisse auch noch so verschleiert. Das ist bei den „Inhabern des Staates“ (Hans-Hermann Hoppe, 2004) und den von ihnen Begünstigten nicht anders.

Wo soll der durch ein „Recht der Gemeinschaft“ legitimierte Eigentumsabfluss denn hin? - Weder das Volk, noch die Gemeinschaft, noch die gesamte Menschheit haben ein Ich, dem bestimmte Rechte zukommen könnten. Also auf welches Ich sollen „Rechte des Volkes“ oder „Pflichten der Gemeinschaft gegenüber“ gerichtet sein? Welches Ich soll über das Gemeineigentum verfügen?

In einem besonders krassen Fall von Gemeinschaftsideologie („Du bist nichts. Dein Volk ist alles“; Nazionalsozialistischer Ausspruch) wissen wir heute, wo dieses Ich versteckt war. Dennoch nahmen die Schöpfer des GG die Sentenzen vom verpflichtenden Eigentum und vom Wohle der Allgemeinheit aus der 1945 untergegangenen Zwischenkriegsverfassung wortgleich in den Textbestand ihres Werkes wieder auf (ein Schelm, wer hier nichts erahnt).

Die Sentenz vom „verpflichtenden Eigentum“ befindet sich schon in der Weimarer Verfassung von 1919 (s. dort die Art. 153, 155 und 156). Deren Schöpfer hatten offensichtlich großes Misstrauen gegenüber den Menschen in ihrer Rolle als Eigentümer. „So wurde über dem Privateigentum von der Weimarer Verfassung das Damoklesschwert der Enteignung, der Sozialisierung aufgehängt“ (Gustav Radbruch, 1970). Auf die einschlägigen Artikel der Weimarer Verfassung konnte sich also schon die frühere Obrigkeit berufen, wenn sie ein neues Mittelbeschaffungsgesetz durchsetzen wollte.

Spätestens nach dem Ableben der Weimarer Verfassung hätten die Deutschen wissen können, welche Cliquen mit ihrem Anhang nie Skrupel haben werden, als Darmflora in den Verdauungstrakt des Lebewesens „Gemeinschaft“, „Allgemeinheit“ oder „Volk“ hineinzuschlüpfen.

Die „Pflichten der Gemeinschaft gegenüber“ wurden allgemein als so wichtig erachtet, dass man sie sogar in die Menschenrechtscharta mit aufnahm (die ihrem Titel nach eigentlich keine Pflichten, sondern nur Rechte enthalten sollte; s. Teil 6 in #freie-gesellschaft ). Welche „Pflichten“ konkret gemeint sein könnten und wer dadurch Rechte erhält, bleibt auch dort im Dunkeln.

Die Rede vom „Gemeinwohl“ verdeckt die wahren Interessen der Machthaber. „Das Gemeinwohl oder der öffentliche Nutzen ist bis zur Gegenwart ein Begriff geblieben, der sich gegen jede präzise Definition sträubt und deshalb beinahe jeden durch die Interessen der herrschenden Gruppe suggerierten Inhalt erhalten kann“ (Friedrich August von Hayek, 1981 aber Hayek Leser sind ja scheinbar laut Naumann Stiftung eine Einstiegsdroge Rechter Gesinnung). „Wo der Staat vom Wohl der Gesamtheit spricht, da meint er nie tatsächlich das Wohl der Gesamtheit aller Einzelnen, sondern immer nur das Wohl eines Teils der Gesamtheit, das er auf Kosten des anderen Teils fördern will.“ (K. H. Z. Solneman, 1977).

Murray Rothbard (2012) sieht in dem Wortgebrauch „Gemeinwohl“ einen betrügerischen Akt, nämlich den Versuch, die Masse der „tax payers“ von den wahren Nutznießern dieses „Wohls“, nämlich den „tax eaters“, abzulenken. Solches Verhalten sei nichts anderes als verstecktes Banditentum. Wie auch immer, eines jedenfalls ist sicher: Vergemeinschaftung von Eigentum zerstört das eigentumskonstituierende Prinzip der Diskriminierung.

Nutznießer des „Gemeinwohls“ ist stets eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe. In Staatsgesellschaften ist das vor allem die Gruppe der Staatsfunktionäre. Die sind nach Auffassung des ehemaligen Bundesparlamentariers Ulrich Lohmar (1978), eine Art Gewerbetreibende, die in erster Linie ihr eigenes Wohl im Auge haben und für ihr eigenes Wohl wirtschaften (s. auch Hans Herbert von Arnim, 2017). Sie verteilen den Nießbrauch des „Gemeineigentums“ nach eigenem Gutdünken und gehen im Übrigen verschwenderisch damit um. Dem tax payer wird dabei höchstens noch „die Rolle als Störer beim Genuss des…Einkommens der Bürokraten zugewiesen“ (Murray Roth-bard, a. a. O.).

Das ist - zugegeben - eine einigermaßen gehässige Sicht der Dinge. Sie wird aber immer wieder genährt durch die Abläufe in der Realität, etwa durch die Art und Weise, in der sich die politische Klasse in eigener Sache verhält, z. B. bei der Festsetzung ihres Einkommens. Dies geschieht in der Regel auf dem Wege von „Blitzgesetzen“, die schnell und unauffällig (übrigens ohne opositionellen Widerstand!) im Parlament durchgewunken werden und deshalb der Aufmerksamkeit des Publikums meistens entgehen (Hans Herbert von Arnim, a. a. O.).

Fazit: Die Sentenz vom vepflichtenden Eigentum läuft dem Recht auf freie Eigentumsnutzung zuwider. Da das Recht auf freie Eigentumsnutzung ein Derivat des Naturrechts ist, steht der Artikel 14 GG im glatten Widerspruch zum Naturrecht. In dem Artikel dokumentiert sich die Naturrechtsfeindlichkeit der deutschen Verfassung in besonders augenfälliger Weise.

Bei all dem ist immerhin Folgendes zu bedenken: Es könnte ja sein, dass sich hinter der verfassungsmäßigen Festschreibung des „verpflichtenden Eigentums“ ausgesprochen philanthropische Motive verbergen: „wir Menschen sind doch alle Brüder; so sollten wir uns auch eigentumsmäßig brüderlich zueinander verhalten.“ (Dass man schon zu Zeiten von Kain und Abel kein rechtes Vertrauen in die Brüderlichkeit haben konnte, übergehen wir jetzt einmal.) Also: „Die Reichen sollten den Armen von ihrem Reichtum abgeben“. Ideal wäre, wenn wir alle miteinander arm sind. Damit haben auch die Reichen eine Chance, die sonst nur die Armen haben, nämlich in den Himmel zu kommen. Denn das wissen wir doch aus dem Buch der Bücher: Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in den Himmel.

Das Anliegen der Verfassungsschöpfer muss man also gar nicht so sehr darin sehen, dass den Reichen Eigentum abgetrotzt werden soll, sondern vielmehr in der ihnen gebotenen Chance, arm wie die anderen und also himmelstauglich zu sein. Und damit auch Jeder die Voraussetzung für den heiligen Aufstieg erfüllt, ist jedermanns Eigentum gewisermaßen gemeinwohlverpflichtet. Ulrike Akkermann liegt nicht falsch, wenn sie in Staatsgesellschaften semireligiöse Gemeinschaften erkennt (2008).

Na dann bis zum Teil 27 in #freie-gesellschaft, da schauen wir uns mal die Gebotsdiktatur etwas tiefgründiger an.

Bis dahin

Euer Zeitgedanken

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Aus Sicht eines Herrschers oder Herrscherkaste ist Art 14 Abs 2 ein genialer Schachzug.
Man baut sozusagen den Klassenkampf direkt in die Verfassung ein, aber so das praktisch jeder betroffen sein könnte.

Nationalsozialistische Juristen waren geradezu meisterhaft in ihrer juristischen Formulierung. Hermann von Mangoldt war einer von Ihnen. Willi Geiger, und Konsortien folgten nach.

Genial ist dabei meines Erachtens der falsche Begriff. Es ist intelligent, denn auch ein gut organisiertes Verbrechen bedarf hoher Intelligenz. Man hat es hier nicht mit dummen Menschen zu tun, auch nicht auf den Gerichten. Daher gilt es immer sie mit ihrer eigenen Motivation und ihrer eigenen Intelligenz vorzuführen. Und da es keine perfekte Intelligenz gibt, schleichen sich immer Fehler ein und die muss man finden.

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