Eine freie Gesellschaft braucht ein Fundament. Teil 25 (aus gegebenem Anlass, heute mal als Staatshasser)

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Um die Schutzeinrichtungen nach ihrer Tauglichkeit prüfen zu können schauen wir uns zwei Arten im heutigen Teil 25 genauer an. Beginnen wir im allgemeinen bei Wettbewerb und Monopolismus beim Recht

Im Kontakt mit rechtsschützenden Dienstleistungseinrichtungen (s. Abschnitte Teil 18 in #freie-gesellschaft ) erfährt das Individuum - in seiner Rolle als Dienstleistungsabnehmer - am ehesten, inwieweit es in der Rechtsgemeinschaft als freies existieren kann oder als unfreies existieren muss. Das hängt wesentlich davon ab, ob die Dienstleistungen wettbewerbs- oder monopolwirtschaftlich erbracht werden. Die Menschheit hat diese Frage bisher dahingehend beantwortet, dass sie Rechtsschutzeinrichtungen sowohl im Wettbewerb (Werks- und Personenschutzfirmen, Mediatoren, Schadensversicherungen) als auch als Monopole (z. B. nationale Schutz- und Sicherungseinrichtungen) unterhält.

Die Tatsache, dass Rechtsschutzeinrichtungen als Monopole existieren, birgt Gefahren für die Freiheit der Nutzer. Da ist zunächst einmal die Gefahr des Wuchers, die wir in Teil 11 +12 thematisieren. Darüber hinaus gibt es speziell bei den Rechtsschutzeinrichtungen eine weitere Gefahr, der wir uns jetzt zuwenden müssen.

Wo sich ein monopolistisches Ego im Rechtsschutzbereiche unbehindert breitmachen kann, besteht die Gefahr der Willkür. Willkür bedeutet: unstatthafte Einflussnahme auf die Spontaneität freier Lebensentfaltung. Willkür ist eine schmerzhaftere Freiheitsberaubung als Wucher. Sie ist die krassete Form der Selbstherrlichkeit des Monopolismus.

Die Willkür ist - ähnlich wie der Wucher - eine zwischenmenschliche Erscheinungsform, bei der der Egoismus des Leistungsanbieters den Egoismus seiner Leistungsabnehmer nicht in sich aufnehmen muss. So gerät Egoismus zum puren Egoismus - eine für die Freie Gesellschaft unerträgliche Konstellation.

Willkür kann schon bei Wiedergutmachungsaktivitäten auftreten. Wenn z. B. eine als Monopol eingerichtete Schadensausgleichsversicherung aus irgendwelchen Gründen eine Gruppe von Geschädigten zulasten anderer begünstigt, indem sie die Schadensersatzhöhe manipuliert, bedeutet das eine (u. U. sogar erhebliche) Freiheitsberaubung für die Belasteten.

Bei der Exekutive ist die Gefahr der Willkür offensichtlich. Die Rechtsdurchsetzung erfolgt letztlich mittels Gewalt. Gewalt kann immer in Willkür ausarten.
Die Gefahr der Willkür besteht aber auch bei Gerichten. Wird ein Gericht als neutrale Instanz zur Schlichtung eines Rechtstreits angerufen, dann bewirkt dies die Korrektur oder die Bestätigung der von den Streitparteien vorgetragenen Rechtsauffassungen. Diese Korrektur nimmt das Gericht aufgrund eigener und von den Parteien unbeeinflussbarer Einschätzung und Beurteilung vor. Die Parteien sind insofern dem Willen des Richters vollständig ausgeliefert.

Schon aufgrund der „Tücken der Hermeneutik“ (die wir bereits schon angerissen haben), von anderen Einflussfaktoren einmal abgesehen, kann die Beurteilung eines Rechtsfalls zu einer Verschiebung der Intention der ursprünglich beabsichtigten Rechtsverteilung führen - zu Ungunsten einer der Streitparteien und zu Gunsten der anderen. Bereits die Hermeneutik als solche birgt diese Gefahr.

Eine unangemessene Rechtsverteilung zieht eine unangemessene Verteilung der Pflichten nach sich (denn die Rechte des Einen sind die Pflichten des Anderen;). Und der Pflichtbelastete büßt Freiheit ein.
Richterliche Willkür muss nicht böswillig sein und aus grausamer Gesinnung erwachsen. Die häufigsten Ursachen dafür sind naive Gerechtigkeitsauffassung, Bequemlichkeit, Unachtsamkeit und Knechtssinn. Eine krasse Böswilligkeit bei richterlichen Entscheidungen ist eher selten, aber nicht auszuschließen (darüber berichtet genauer #mein-fall ). Dem ruchlosen Kardinal Richelieu (1585-1642), der zeitweilig die Macht besaß, über Leben und Tod seiner Mitbürger zu enscheiden, schreibt man den Satz zu: „Man gebe mir sechs Zeilen, geschrieben von dem redlichsten Menschen, und ich werde darin etwas finden, um ihn aufhängen zu lassen.“

Bei monopolisierten Rechtsschutzbetrieben lauert also - im Vergleich zu monopolisierten Versorgungsbetrieben - eine besonders große Gefahr: Die Selbstherrlichkeit der Monopolisten kann nicht nur als Wucher auftreten (s. Teil 11 + 12 in #freie-gesellschaft ), sondern darüber hinaus noch als Willkür. Zum Wucher, den die Rechtsschutzmonopole in ihrer Rolle als wirtschaftende Betriebe ohnehin betreiben können, kommt zusätzlich noch die Willkür, die sie in ihrer juridischen Funktion ausüben können.

Da die Richter die indirekten Befehlsgeber der mit Gewalt ausgestatteten Exekutive sind, überträgt sich deren Willkür via Rechtstitel auf diese. Eine Verbindung von Willkür mit Gewalt ist das, was man gewöhnlich Tyrannei nennt. Tyrannei hat ihre Wurzel nicht in der Gewalt an sich, sondern in der Verbindung der Gewalt mit Willkür.
Damit die Gefahren Willkür und Tyrannei gebannt werden, haben sowohl die Freie Gesellschaft als auch die Staatsgesellschaft Wälle errichtet, wenn auch in sehr unterschiedlicher Weise. Der Unterschied hat erhebliche Auswirkungen auf die Lebensentfaltung der Individuen (zu den Auswirkungen gehen wir einige Artikel später ausführlich ein)

Nun aber zu Recht und Staat

In das Geflecht von Betrieben, die insgesamt den Staatskonzern bilden (s. Besonders Teil 12) - als sogenannte „öffentliche Einrichtungen“, gehören neben anderen auch Rechtsschutzbetriebe, Nicht nur Vollzugsgewalten (Exekutiven) und Gerichte gehören dazu. Der Staat sieht sich auch als Anstalt für Schadensausgleich (Versicherer). Den Schaden, den er ausgleichen zu müssen meint, sieht er durch die ungleiche Verteilung der Einkommen seiner Bürger bewirkt, die auf ein möglichst gleiches Niveu einzuebnen wären (darüber habe ich ja bereits mehrere Stationen beschrieben).

Im Rechtsschutzbereich wird immer mehr und immer lauter das Versagen der staatlichen Akteure öffentlich beklagt. Die staatlichen Rechtsschutzeinrichtungen haben in der Form, in der sie heute bestehen, ihren Realitätstest nicht bestanden. Sie schützen Leib und Leben des Bürgers nicht, obwohl dieser dafür reichlich bezahlt.

Als Monopolist kann sich der Staat solches Funktionsdefizit leisten. Das führt auf Dauer zu Unzufriedenheit und Aggressivität gegen seine obersten Funktionsträger. Diese Aggressivität bewirkt, dass sich die Staatsfunktionäre in ihren „Burgen“ immer mehr einigeln müssen und sich Sonderrechte für ihre eigene Sicherheit schaffen. Diese belasten den steuerzahlenden Bürger zusätzlich. So hat man in Staatsgesellschaften zwar extrem hohe Rechtsschutzkosten, aber eine entsprechende Leistungsqualität nur für den Schutz der Obrigkeit. Die Mittel für den Schutz der Untertanen fehlen. Nur die reiche Untertanen können sich (zusätzlich bezahlten!) Rechtsschutz kaufen. Sie können es sich leisten, für ihre Sicherheit zweimal zu bezahlen. Alle Anderen bleiben mehr oder weniger ungeschützt. Der Staat erfüllt seine sog. „Kernaufgaben“ nur noch ungenügend oder gar nicht.

So vertrauensvoll wir bisher anzunehmen bereit waren, dass vernünftige und auf allgemeine Zustimmung stoßende Elemente der Rechtlichkeit längst in die heute bestehende Organisationsstruktur des Rechtswesens eingebaut seien und dass es da vielleicht nur geringfügiger Korrekturen bedürfe, so groß ist die Überraschung bei genauerem Hinsehen, bei der Durchleuchtung einschlägiger Begriffe, Vorgänge und Einrichtungen. Das wird besonders deutlich bei der Analyse des Eigentumsartikels der bundesdeutschen Verfassung (im Folgenden: Teil 26 zeigt es ganz genau).

Bei niederen Entwicklungsstufen menschlicher Gesellschaftlichkeit wird positives Recht von der stärkeren Konfliktpartei einfach gesetzt (Faustrecht). Die andere Partei muss sich fügen und die Pflichten übernehmen, die die Rechte der Stärkeren fordern. In entwickelten Gesellschaften bedarf es für eine Inanspruchnahme von positivem Recht der freien Zustimmung eines Du, und zwar immer desjenigen Du, dem aus einem beanspruchten oder zugeteilten Recht eine Pflicht erwächst. Mit solcher Zustimmung ist jedoch nur dann zu rechnen, wenn für die Übernahme einer Pflicht eine Gegenleistung geboten wird. Das ist bei vielen Gesetzen des sog. „öffentlichen Rechts“ nicht der Fall. Sie sind Zwangsgebote (im Folgenden: Teil 27 oder 28 in #freie-gesellschaft )

Eine völlig andersartige Vorstellung von Gerechtigkeit als die in Teil 18 -20 vorgetragene findet sich in einer Reihe neuerer Sozialphilosophien der von den Staatsbürgern finanzierten Wissenschaft. Beispielhaft hierfür ist das umfangreiche und viel diskutierte Werk des John Rawls (Nachdruck 2012). Im Mittelpunkt der Rawls’schen Gerechtigkeitslehre steht das, was er „Verteilungsgerechtigkeit“ nennt. An der Idee der Verteilungsgerechtigkeit machen viele Staatsfunktionäre und ihre Kombattanten das fest, was sie unter „sozialer Gerechtigkeit“ verstehen (wir gehen darf noch genauer ein).

Die Gerichte in der Freien Gesellschaft sind unabhängige und neutrale Instanzen. Aber auch die in der Staatsgesellschaft agierenden Richter erheben den Anspruch, bei der Schlichtung von Streitfällen neutral zu urteilen. Die Neutralität soll sich insbesondere auf Streitigkeiten der Bürger mit dem Streitgegner „Staat“ beziehen. Wie steht es damit? (Auch das werden Kernfragen sein, auf die wir in den nächsten Teilen genauer schauen werden)

Bis zum Teil 26 verabschiede ich mich

Euer Zeitgedanken

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